Currywurst und lange Gesichter

Rund um die Parteizentralen von Union und SPD sind die Straßen schon seit Tagen gesperrt, die Fernsehanstalten haben sich mit ihren Übertragungswagen installiert. Damit das Konrad-Adenauer-Haus und das Willy-Brandt-Haus nicht aus allen Nähten platzen, wurden jede Menge Zelte für den großen Wahlabend am morgigen Sonntag aufgebaut. Und jeder hofft, dass aus der Wahlparty auch eine feucht-fröhliche Siegesfeier wird.

 Nach 18 Uhr verschwinden die schmucklosen Utensilien – und das Wort Wahl-Lokal darf umgedeutet werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Nach 18 Uhr verschwinden die schmucklosen Utensilien – und das Wort Wahl-Lokal darf umgedeutet werden. TV-Foto: Friedemann Vetter

Berlin. So viele Gäste und Journalisten wie bei keiner anderen Partei haben sich bei der Union angemeldet: Insgesamt 4000, so die Pressestelle. Kanzlerin Angela Merkel wird am Nachmittag in der CDU-Zentrale erwartet, wo sie abgeschottet von den Partygästen im fünften Stock mit der kompletten Parteispitze die ersten Prognosen und Hochrechnungen verfolgen wird.

Als Erster soll nach bisheriger Planung der hessische Ministerpräsident und stellvertretende Parteivorsitzende Roland Koch bereits kurz nach Bekanntwerden der Prognose ein Statement abgeben. Reicht es für Schwarz-Gelb, ist Angela Merkel strahlende Siegerin, auch wenn das Ergebnis der Union selbst nicht ganz so glänzend ausfallen sollte. Reicht es nicht, wird sie eine Debatte um ihren Wahlkampf-Stil nicht vermeiden können. Die SPD hat die Straße neben dem Willy-Brandt-Haus zur Partymeile gemacht - Videoleinwände, Bierbänke und Außengastronomie wurden dort zusätzlich aufgebaut.

Die Genossen rechnen mit 2500 Gästen, für die Chili con Carne und "Schröder-Wurst", also Curry-Wurst, aufgeboten wird. Gegen Nachmittag wird sich die Parteispitze samt Kanzlerkandidat im fünften Stock der Zentrale einfinden, und zwar in Franz Münteferings Büro. Wie auch das Ergebnis ausfallen wird, Jubel wird bei der SPD oberste Pflicht sein.

Die FDP hingegen musste kurzfristig umdisponieren - der Ansturm auf ihre Wahlparty war so groß, dass die Parteizentrale zu klein wurde. Die Aussicht auf die Rückkehr an die Macht wird "grob geschätzt" 2000 Gäste anlocken, die mit einem "Berliner Büfett" verköstigt werden sollen. Parteichef Guido Westerwelle wird am Nachmittag aus Bonn einschweben, wo er seinen Wahlkreis hat und seine Stimme abgeben wird. Das Parteipräsidium wird sich dann um Westerwelle scharen. Frohen Mutes sind die Liberalen, dass sie doch noch mit der Union den Sprung in die Regierung schaffen - wenn wieder nicht, dürften bei ihrer Wahlparty besonders lange Gesichter zu sehen sein.

Im Berliner Postbahnhof, einem alten Backsteinbau, feiern die Grünen. 1000 Gäste haben sich angemeldet, "es wird leckeres Bio-Essen geben", verrät eine Sprecherin. Das Spitzenduo Jürgen Trittin und Renate Künast wird dort zusammen mit den beiden Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir die Wahlberichterstattung verfolgen. Schon jetzt steht fest, dass es um 18.20 Uhr ein Statement geben soll. Die Grünen rechnen fest mit einem guten, zweistelligen Ergebnis, aber nicht ernsthaft damit, irgendwie doch noch in die Regierungsverantwortung zurückzukehren.

Zur Wahlparty der Linken haben sich 600 Journalisten und Gäste angemeldet, "wir rechnen mit doppelt so vielen", so eine Sprecherin. Spitzenkandidat Oskar Lafontaine wird aus dem Saarland einfliegen, um sich dann zusammen mit Co-Spitzenkandidat Gregor Gysi feiern zu lassen. Die Linke zieht es für ihre Wahlparty übrigens zurück zu ihren Wurzeln: in den Osten. Sie feiern in einer Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg. Ein Szenebezirk, der allerdings so gar nichts Ostalgisches mehr hat.

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