"Da wird man fürs Ehrenamt bestraft"

Draufzahlen fürs Ehrenamt? Das kommt auch für Ortschefs, die ihr Amt lieben, nicht infrage. Wegen Einbußen bei der Rente überlegen der Hetzerather und der Neumagen-Dhroner Ortsbürgermeister, ihr Amt niederzulegen. Damit sind sie vermutlich nicht die einzigen.

Hetzerah/Neumagen-Dhron/Ingendorf. Otmar Mischo, Ortsbürgermeister der 2100 Einwohner zählenden Gemeinde Hetzerath (VG Wittlich-Land), kann es nicht fassen. "Das ist ein Hammer! Ich bin so enttäuscht." Mischo sieht sich gezwungen, sein gerne ausgeübtes Ehrenamt 2011, mitten in der Legislaturperiode, niederzulegen.

Der Grund: Wenn Mischo Mitte nächsten Jahres mit 60 in Rente geht, zieht ihm die Deutsche Rentenversicherung zwei Drittel seines Ruhegehalts ab. Und das wegen seines Ehrenamts. 1244 Euro bekommt Mischo als Aufwandsentschädigung. Der Betrag richtet sich nach der Einwohnerzahl.

Die Entschädigung wird die Deutsche Rentenversicherung künftig bei einer vorgezogenen Rente wie ein Gehalt behandeln. Das bringt Abzüge, wenn es mehr als 400 Euro für das Ehrenamt gibt. Je nach Höhe der Entschädigung werden nur noch zwei Drittel, ein Drittel oder gar keine Rente mehr gezahlt. Bei Mischo wäre der Abzug höher als die Entschädigung. Das Ehrenamt brächte ihm in den restlichen drei Jahren seiner Amtszeit mehrere Zehntausend Euro an Verlust. Dann verzichtet der Hetzera ther schweren Herzens aufs Ehrenamt, die Aufwandsentschädigung kann er aus rechtlichen Gründen nicht ausschlagen.

Auch Willi Herres, Ortsbürgermeister von Neumagen-Dhron (VG Neumagen-Dhron), überlegt, sein Amt niederzulegen. Er rechnet damit, dass er von seiner vorgezogenen Rente gar nichts mehr bekommt. "Das ist Diskriminierung, ich habe für meine Rente eingezahlt", sagt er. Er hat noch etwas Zeit, ehe er mit 60 Jahren sein vorgezogenes Ruhegehalt bekommt.

Herres trifft es gleich doppelt. Er ist auch Kreisfeuerwehrinspekteur, was ebenfalls ein Ehrenamt ist.

Laut Dirk von der Heide, Pressesprecher der Deutschen Rentenversicherung, sind alle Ehrenämtler von der Regel betroffen, deren Aufwandsentschädigung nicht nur die tatsächlichen Kosten, sondern auch den Zeitaufwand abgelten soll. Welche Ämter das sind, konnte von der Heide nicht sagen. Vor allem trifft dies aber auf Ehrenbeamte zu.

Noch einmal Glück gehabt hat Hans-Günther Bartz, Ortsbürgermeister von Ingendorf (VG Bitburg-Land). Auch bei dem Ortschef des 230-Seelendorfs hätte die neue Rentenregelung zu Verlusten geführt.

"Ich hätte mein Amt dann hundertprozentig niedergelegt", sagt Bartz. Doch er konnte seine Einkünfte durch veränderte Abschreibung senken und bleibt von der neuen Regelung verschont. Dennoch kritisiert er sie: "Da wird man ja fürs Ehrenamt bestraft."

Winfried Manns, Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebunds, schätzt die Zahl der Betroffenen auf 120 Ortsbürgermeister im Land. Ironisch merkt er an: "Das wird ein Spaß, wenn 120 Ortschefs zurücktreten."

Meinung

Regelung sofort abschaffen

Land auf, Land ab loben Politiker immer wieder gerne das Ehrenamt und beschwören die Wichtigkeit dieses Engagements. Sie sind nun gefragt, eine neue Regelung für die Ehrenämtler unter 65 Jahren, die eine vorzeitige Rente erhalten, zu erreichen. Denn es kann nicht sein, dass ausgerechnet diese Menschen für ihr Engagement finanziell bestraft werden und mit Ehrenamt weniger Geld bekommen als ohne. Ortsbürgermeister sind für Bürger da, sie nehmen sich fast aller Probleme an und werden deshalb häufig rund um die Uhr angesprochen. Um Geld zu verdienen, wird keiner diesen Job übernehmen. Deshalb gehört die neue Rentenregelung abgeschafft. m.maier@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort