Damit keiner alleine bleibt

Trier · All die Menschen, die sich für die Villa Kunterbunt engagiert haben, hatten von Beginn an eines vor Augen: das Wohl der Kinder, denen das Projekt zugedacht ist. Einige von ihnen hat der TV in der Villa wiedergetroffen.

Offen Flagge und Gesicht zeigen: Das war von Anfang an eine Devise der Villa Kunterbunt. Eine Krankheit ist nichts, wofür man sich schämen oder genieren müsste. Deshalb waren viele Eltern seinerzeit bei der Spendenkampagne bereit, von ihrer schwierigen Situation zu erzählen. Und die Kinder der Villa gaben dem Projekt schon in der Entstehungsphase ein Gesicht.

Das Plakat mit den sechs kleinen Patienten, das damals in fast jedem Geschäft der Region hing, hat sich tief ins Gedächtnis eingegraben. Keine unbeschwerten Kindergesichter, sicher nicht, aber auch keine traurigen Opfer. Ein paar Jahre später gab es eine großartige Ausstellung und einen tollen Band mit Bildern des Fotographen Yaph, der die kleinen "Überlebenskünstler" porträtierte. Auch darunter viele beeindruckende Momentaufnahmen - und ein wunderbares kleines "Titel-Model" im roten Kleidchen.

Zwölf Jahre nach dem Plakat-Foto und fünf Jahre nach der Yaph-Ausstellung haben wir nachgefragt, was aus den Kindern geworden ist - und sind auf eine Erkenntnis gestoßen, die Ärzte und Betreuer immer wieder machen: Von höchster Tragik bis zum größten Glück ist alles möglich, wenn Kinder schwer krank sind.

Laura, das Mädchen mit der Brille, dem entschlossenen Blick und den kampfeslustig gekreuzten Armen, lebt nicht mehr.

Alisha mit dem Schal und der Beinahe-Glatze verbringt dieser Tage den ersten Urlaub mit ihrem Freund - und gilt als gesund. Manchmal haben sich auch Spuren verloren, wie bei Reman, die in ihre afrikanische Heimat zurückgekehrt ist, "gut versorgt und eingestellt", wie Chefarzt Dr. Rauh versichert.

Mit drei der Kinder treffen wir uns in der Villa Kunterbunt. Da ist Katharina, im Jahr 1998 gerade elf Jahre alt, mit Mittelscheitel und grünem Schal. Und Sabrina, das Mädchen mit dem Haarreif, damals acht. Nicht zu vergessen Lisa, die fröhliche Titelheldin der Yaph-Ausstellung von 2005.

Ihre Puppe "Clowni", die auf dem Foto einen Kopfstand macht, hat sie immer noch. Ansonsten kann sie sich an nicht mehr viel erinnern, schließlich war sie damals erst drei. "Ein bisschen komisch" findet sie sich schon auf dem alten Bild - aber ein wenig stolz ist sie auch. Ihre Eltern können sich noch genau an die Zeit erinnern, als Lisas Leben aufgrund einer Leukämie am seidenen Faden hing. Dass die Villa Kunterbunt der Familie aus dem Eifelort Kruchten zur Seite stand, dass sie die Elternwohnung nutzen konnten, dass sie Beratung und Hilfe erhielten, haben sie nicht vergessen. Auch heute nicht, wo ihre Tochter "nach menschlichem Ermessen gesund ist", wie es Professor Rauh formuliert.

Katharinas Diabetes wird wohl nie verschwinden. "Zucker bestimmt ihr Leben", stand seinerzeit im TV. Ein Leben, damals unter ständiger Bedrohung durch das Zucker-Koma. Aber die heute 23-Jährige hat gelernt, mit ihrer Krankheit zurechtzukommen. Sie hat Abitur gemacht, eine Lehre als Rechtsanwaltsfachgehilfin abgeschlossen und sucht gerade einen Job. Eine lebenslustige junge Frau, der man ihre Krankheit nicht ansieht, die begeistert Handball spielt und fröhlichen Optimismus ausstrahlt. Und die sich noch genau daran erinnert, was für ein "tolles Ereignis" es für eine Elfjährige gewesen sei, auf Plakaten, in der Zeitung, sogar im Fernsehen aufzutauchen.

Sabrina hat es da schwerer. Rheumatische Arthritis geht mit regelmäßigen Schmerz-Attacken einher. Der Rollstuhl steht immer in der Nähe, auch wenn sie den Rundgang durch die Villa tapfer zu Fuß absolviert.

Sie ist zart, schmal, sieht jünger aus als 20. Seit einem Praktikum träumt sie von einer Lehre als Arzthelferin.

In der Villa kennen sie alle, sie war fast ein ganzes Jahrzehnt hier in Behandlung, bis sie mit 18 als Erwachsene neue Wege gehen musste. Krankengymnastik, Ergotherapie, eine Mädchen-Gruppe mit anderen Betroffenen: Sie hat in vielerlei Hinsicht profitiert. Vor allem durch Beratung: "Wir hatten ja am Anfang überhaupt keine Ahnung", sagt ihre Mutter, "zum Glück hatten wir die Villa Kunterbunt".

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