Das 500 000-Euro-Problem des Bundespräsidenten

Als Regierungschef von Niedersachsen hat Christian Wulff von einer befreundeten Unternehmergattin einen Kredit zum Hauskauf bekommen. Dem Landtag verschwieg er dies aber trotz Fragen nach Beziehungen zu dem Unternehmer. Dies bringt den Bundespräsidenten in Bedrängnis.

Berlin. Christian Wulff und die Nähe zu den Reichen seines Landes Niedersachsen - diese Geschichte droht dem einstigen Ministerpräsidenten und heutigem Staatsoberhaupt Ärger zu bereiten.
Gestern musste das Präsidialamt nach Presseberichten einräumen, dass Wulff 2008 von einer Unternehmerfamilie einen Privatkredit von 500 000 Euro für seinen Hauskauf bekommen hatte. Doch habe Wulff das Parlament in Hannover nicht belogen, als er dort im Februar 2010 nach Geschäftsbeziehungen zu diesem Unternehmer befragt wurde und mit Nein antwortete. Der Kredit sei nämlich von der Ehefrau des Mannes ausgezahlt worden.
"Haarspalterische Winkelzüge" seien das, schimpfte die Grünen-Landtagsabgeordnete Ursula Helmhold gegenüber dem TV. Sie erinnerte sich an die Affäre, die alles auslöste: Am 21. Dezember 2009 bestiegen Christian Wulff, Ehefrau Bettina und zwei Kinder des Paares in Düsseldorf eine Airberlin-Maschine nach Florida. Dort machte die Familie in der Villa des Osnabrücker Unternehmers Egon Geerkens (Schmuck, Immobilien) zwei Wochen Urlaub. Mit Geerkens (heute 67) ist Wulff (52) praktisch seit seiner Kindheit bekannt. Er nennt ihn seinen "väterlichen Freund". Geer kens war auch Wulffs Trauzeuge bei seiner ersten Eheschließung.
In Florida wohnten die Wulffs umsonst. Auf dem Hin- wie auf dem Rückflug wurde die Familie von der Economy-Klasse ohne Aufpreis in die teure Business-Klasse umgebucht. Die Initiative ging hier von Airberlin-Chef Klaus Hunold aus, der Bettina Wulff kurz vorher bei einem Empfang getroffen hatte. Wert des "Upgrading": 3056 Euro, die Wulff im Januar, als alles herauskam, nachzahlte.
Verdacht der Vorteilsnahme


Beamte dürfen auch in Niedersachsen nur Geschenke bis zehn Euro annehmen. Und so ging es der grünen Landtagsabgeordneten Helmhold um den Verdacht der Vorteilsnahme durch den Ministerpräsidenten oder seine Partei, die CDU, als sie am 18. Februar 2010 im Landtag fragte, ob es geschäftliche Beziehungen "zwischen Christian Wulff und Herrn Geerkens oder irgendeiner Firma an der Herr Geerkens als Gesellschafter beteiligt war" gegeben habe. Das gleiche fragte sie in Bezug auf Hunold. Die Antwort der Staatskanzlei: "Zwischen Ministerpräsident Wulff und den in der Anfrage genannten Personen und Gesellschaften hat es in den letzten zehn Jahren keine geschäftlichen Beziehungen gegeben." Wulff habe im Übrigen den Fehler des "Upgrading" eingeräumt, "weil er selbst der Überzeugung ist, dass er jeden auch noch so vagen Verdacht der Annahme eines Vorteils oder gar der Beeinflussbarkeit in seiner Amtsführung vermeiden muss".
Kurz nach dieser Auskunft im Parlament allerdings suchte der Ministerpräsident eine Bank in Baden-Württemberg auf, um dort einen Immobilienkredit für sein Haus in Burgwedel aufzunehmen und so 500 000 Euro zurückzuzahlen, die ihm die Ehefrau von Egon Geerkens 2008 beim Erwerb des Anwesens gegeben hatte. Für vier Prozent Zinsen, ein Prozentpunkt weniger als damals auf dem Markt üblich waren. Der Vorteil dürfte also rund 5000 Euro im Jahr betragen haben.
Die Familie Geerkens suchte damals mitten in der Bankenkrise eine sichere Geldanlage, der frisch geschiedene und neu vermählte Wulff einen flexiblen und günstigen Kredit für sein neues Heim. Laut Spiegel-Online sagte Egon Geerkens: "Christian musste sein Leben neu ordnen, und jeder weiß, dass Scheidungen teuer sind."

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