Das Finanzamt lagert Arbeiten aus: Fremde Telefonisten im Land stoßen auf Kritik

Mainz/Trier/Bitburg · Für faire Löhne eintreten, eigene Arbeiten aber zu Mindestlohn-Bedingungen an andere Firmen vergeben? Für Dietmar Muscheid, Landesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), passt das nicht zusammen. Der 60-Jährige stört sich daran, dass in elf von 23 Finanzämtern die Telefonzentrale an andere Unternehmen ausgelagert ist.

Deren Mitarbeiter stellen Anrufe zu den Behörden durch, sollen aber deutlich schlechter verdienen als Landesbeschäftigte (TV vom 24. Oktober). "Wenn die Landesregierung so wirtschaftet, um die Schuldenbremse einzuhalten, spart sie am falschen Ende - nämlich an den Menschen, die für sie arbeiten und ihren Familien", tadelt Muscheid. Er fordert, die Praxis schleunigst zu korrigieren.

Auch die CDU im Mainzer Landtag schlägt sich auf die Seite der Gewerkschaft. Finanzexperte Gerd Schreiner mahnt an, die SPD sei unanständig, wenn sie bei Kundgebungen am 1. Mai bessere Arbeitsbedingungen fordere, im eigenen Land aber an den anderen 364 Tagen Lohndumping decke. Mit Blick auf den Ex-Staatssekretär Joachim Hofmann-Göttig, der neben seinen Bezügen als Oberbürgermeister eine Pension von monatlich fast 1500 Euro bekam, lästert Schreiner: "Das Geld wird dann bei den Ärmsten der Armen gespart."

Finanzministerin Doris Ahnen nennt die Attacken der CDU dagegen "hochpeinlich". Sie sagt, die externe Vergabe falle auf die Jahre 2004 bis 2011 zurück. Der Rechnungshof habe in dem Zeitraum angeregt, Aufgaben der Hilfsdienste an andere Firmen zu übertragen. Sozialversicherungspflicht, Tarif- und Arbeitsrecht seien aber einzuhalten. Bei den Telefonisten handele es sich um 13 von 5000 Arbeitsplätzen in der Steuerverwaltung, sagt sie. Nach dem Steuerzahlerbund spart das Land durch die Fremdvergabe mehr als 100 000 Euro pro Jahr.

Die Triererin verteidigt sich auch gegen den Vorwurf, externe Beschäftigte verletzten das Steuergeheimnis. Eine Ex-Mitarbeiterin eines Dienstes hatte in einem Bericht des Südwestrundfunks anonym berichtet, sie habe bei Telefonaten von Steuerschulden der Anrufer erfahren und über den Computer auf geschützte Daten zugreifen können. Ahnen sagt, die Mitarbeiter seien zu Verschwiegenheit verpflichtet. Die Arbeit der fremden Firmen lässt das Land aber prüfen.

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