Das Geschäft mit dem Müll

Trier · Für Bürger sind Sperrmüll und Gartenabfall nutzlos. Er will das Zeug loswerden. Für Müllentsorger handelt es sich aber um wertvolle Ware. Daraus lässt sich nämlich Energie gewinnen. Und genau darauf setzt die Region.

Trier. Der Tagesordnungspunkt drei der jüngsten Sitzung des Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb) beschäftigt sich auf den ersten Blick mit einem unscheinbaren Thema: "5. Änderung der Verbandsordnung des Zweckverbandes Regionale Abfallwirtschaft". Doch dahinter steckt mehr als nur die vordergründige Formalie. Es geht darum, dass die vier Landkreise und die Stadt Trier ihre Zuständigkeit für den gesamten Abfall an den RegAb übertragen. Dieser ist zwar bereits für die Verwertung des Restmülls in der gesamten Region zuständig, die Einsammlung wird aber in Daun, Bernkastel-Wittlich und im Eifelkreis Bitburg-Prüm von den dortigen Kreisverwaltungen organisiert. In Trier und Trier-Saarburg ist der Zweckverband Abfallwirtschaft Raum Trier (ART) dafür zuständig. Und damit gibt es unterschiedliche Tonnen, Abfuhrrhythmen und Abrechnungssysteme in der Region.
Der gesammelte Restmüll, immerhin 119 000 Tonnen im Jahr, kommt in die Abfallbehandlungsanlage in Mertesdorf (Trier-Saarburg). Dort wird der Müll getrocknet und zu Brennstoff verarbeitet. Dieser Brennstoff wird dann etwa in Kraftwerken zur Stromgewinnung verwendet. In dem Restabfall sind auch Bioabfälle enthalten, etwa Speisereste. Diese feuchten Stoffe seien notwendig, um aus dem Abfall einen hochwertigen Brennstoff zu machen, argumentiert Max Monzel, Geschäftsführer des RegAb, und begründet damit, warum die ab 1. Januar durch das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz verlangte Biotonne in der Region eigentlich keinen Sinn macht und man auf diese verzichten könne (der TV berichtete). Zumal das Sammeln und das Entsorgen des Biomülls laut Berechnungen des RegAb drei Millionen Euro mehr im Jahr kosten würde - diese Kosten müssten dann die Bürger in Form höherer Müllgebühren tragen.
Müllexperten behaupten, das sei "physikalischer Nonsens". Durch die im Restmüll enthaltenen Bioabfälle würde dieser feucht und müsste mit zusätzlichem Aufwand getrocknet werden, um daraus Brennstoff zu machen. Auch bei der für die Abfallwirtschaft in Rheinland-Pfalz zuständigen Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord in Koblenz bezweifelt man wohl, dass der Verzicht auf die Biotonne in der Region mit dem Gesetz übereinstimmt.
Nach TV-Informationen konnten Vertreter des RegAb bei einer Besprechung am 12. Februar in Koblenz die Behörde nicht davon überzeugen, dass es dem Zweckverband "naturwissenschaftlich gelingen könne, die von ihm präferierte Entsorgungsvariante" mit den Anforderungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes als gleichwertig zu begründen. Das jedenfalls soll in einem internen Vermerk der Behörde so festgehalten worden sein.
Mit anderen Worten: Die SGD Nord bezweifelt, dass das von den Kreisen und dem ART verabschiedete Abfallkonzept gesetzeskonform ist. Bislang fehle dafür der Nachweis, heißt es aus der Behörde.
Müllexperten behaupten, dass die Abfallbehandlungsanlage in Mertesdorf mit geringem Aufwand umgerüstet werden könnte, und dann getrennt gesammelter Biomüll dort parallel zu dem Restmüll behandelt werden könne. Denn auch allein mit dem Biomüll lässt sich wohl Geld verdienen. Wenn dieser vergärt ist, kann das Substrat verkauft werden. Allerdings ist es dann notwendig, den Biomüll getrennt zu sammeln, eben in der Biotonne, die derzeit keiner in der Region so richtig will. Laut Berechnungen des Instituts für Abfall, Abwasser und Infrarstruktur-Management aus dem nordrhein-westfälischen Ahlen könnten bei einer getrennten Sammlung bis zu 53 000 Tonnen Biomüll in der Region anfallen.
Allerdings lässt sich aus Biomüll auch Energie gewinnen. Der RegAb beteiligt sich derzeit an einem EU-Projekt, das untersucht, wie aus Restabfall ein hochwertiger Biomassebrennstoff gewonnen werden kann. Ohnehin setzt der Zweckverband wohl darauf, aus Müll Energie zu machen. Und zwar Biogas in mehreren Biogasanlagen.
Durch die Übertragung der Zuständigkeiten für die gesamte Müllentsorgung, also nicht nur wie bisher für den Restabfall, sondern auch für Grünschnitt und künftig auch Sperrmüll, verfügt der RegAb über fast 90 000 zusätzliche Tonnen Müll, der sich zumindest teilweise zu Biogas machen lässt. Bislang landet der hier gesammelte Sperrmüll außerhalb der Region und wird dort verwertet. Experten gehen davon aus, dass allein in den 20 000 Tonnen jährlich in der Region anfallende Sperrmüll gut Zweidrittel Altholz enthalten ist, das zur Energiegewinnung genutzt werden könnte. Genau wie das Gehölz und die Sträucher aus dem Grünschnitt, also den Gartenabfällen. Genau diese Idee steckt nach Branchenkennern wohl auch hinter der vor allem bei Landwirten und Winzern umstrittenen Änderung, den Grünschnitt von den über 80 Sammelplätzen künftig auf den Sammelplatz nach Mertesdorf zu fahren. Bislang haben die Landwirte und Winzer die Plätze für das Sammeln der Gartenabfälle zur Verfügung gestellt und durften dafür das Material als Bodenverbesserer benutzen. Das ist künftig laut RegAb-Geschäftsführer Monzel nicht mehr möglich, weil der Grünschnitt laut neuer Bioabfallverordnung kompostiert werden muss.
"Stimmt so nicht" heißt es bei der SGD Nord. Ein zentrales Sammeln von Gehölzen sei nicht notwendig, die Landwirte könnten das Material weiter ausbringen. Weil es derzeit noch keine vom RegAb betriebene Biogasanlagen gibt, wird der künftig zentral eingesammelte Grünschnitt in Mertesdorf kompostiert und verkauft.
Monzel bietet daher den verärgerten Landwirten an, als Gegenleistung dafür, dass sie die Sammelplätze für den Grünschnitt zur Verfügung stellen, ihnen einen Teil des Gartenabfalls zu überlassen. Über die Modalitäten könne man noch reden, sagt Monzel. So lange jedenfalls, bis der Gartenabfall zur Energiegewinnung benötigt wird.Extra

Der Zweckverband Abfallwirtschaft im Raum Trier (ART) ist zuständig für die Abfallentsorgung in der Stadt Trier und dem Kreis Trier-Saarburg. Mitglieder des ART sind die Stadt Trier und der Landkreis Trier-Saarburg. Geschäftsführer ist Max Monzel. Die ART GmbH ist eine 100-prozentige Tochter des Zweckverbandes ART. Sie betreibt am Trierer Hafen eine Sortieranlage für Gelbe Säcke und einen Altglasumschlagplatz. Der Zweckverband ART bildet zusammen mit den Landkreisen Eifelkreis Bitburg-Prüm, Bernkastel-Wittlich und Vulkaneifel den Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb). Dieser ist zuständig für die Entsorgung des Restabfalls in der gesamten Region (rund 119 000 Tonnen pro Jahr). Geschäftsführer ist Max Monzel. Der Restabfall wird in der Aufbereitungsanlage in Mertesdorf (Trier-Saarburg) getrocknet und als Brennstoff verkauft. Eigentümerin und Betreiberin dieser Anlage ist die Regionale Entsorgungsgesellschaft, eine 100-prozentige Tochter des RegAb ist. Geschäftsführer ist Max Monzel.

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