"Das hat die Welt noch nicht gesehen"

BERLIN. Alles ist klar und der "kleinkarierte Streit" beendet: Deutschland soll zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nicht nur das Eröffnungsspiel bestreiten, sondern tags zuvor auch noch ein "Fußballfest" veranstalten, "was die Welt noch nicht gesehen hat".

Neben Otto Schily, dem Bundesminister des Innern mit Kompetenz für Spitzensport, sitzen am Donnerstag in Berlin drei honorige Herren und neigen sanft die grauen Häupter, um Zustimmung zu signalisieren. Ja, so soll es werden, wenn "die Welt zu Gast bei Freunden" ist, wie das Motto der Super-Veranstaltung heißt, die mindestens 22 Millionen Euro kosten wird. Im Vorfeld hatte es politische Rempeleien gegeben. Die Fifa (Weltfußballverband) war nicht amüsiert, weil sie ihr traditionelles Eröffnungsfest im Abseits sah. Zudem wollte Schily selbst Regie führen, die erforderlichen Millionen locker machen und dafür eine Goldmünze in Umlauf bringen. Doch den Vorwurf der Union, eine reine "Wahlkampfshow" zu inszenieren so kurz vor der Bundestagswahl im Herbst 2006, wollte man dann doch nicht auf sich sitzen lassen."Deutschland im besten Licht zeigen"

Also übernimmt jetzt die Fifa das Geschäft (plus Vermarktung), und alle sind zufrieden. Um diese frohe Botschaft zu verkünden, treten der Minister, Fifa-Präsident Sepp Blatter, WM-Organisator Franz Beckenbauer und der künstlerische Leiter Andre Heller vor die Bundespressekonferenz. Schily kann sich kaum einkriegen und beschwört "die einmalige Gelegenheit, Deutschland in allerbestem Licht zu zeigen". Das Konzept des Performance-Künstlers Heller sei "großartig". Die Journalisten können die Behauptung nicht überprüfen, denn mehr als wortreiches Selbstlob erfahren sie nicht. Gleichwohl ist durchgesickert, dass internationale Popstars in Berlin Glanz und Glamour verbreiten sollen, dass nie zuvor Gesehenes "drei bis vier Milliarden Zuschauer" in aller Welt entzücken soll. Leider, sagt Heller, kämen dabei die Elemente Feuer und Wasser nicht mehr in Betracht. Zu abgenutzt durch Olympia, man werde sich was anderes einfallen lassen. Der Präsident und der Minister und der "Kaiser" vertrauen dem Phantasten aus Österreich, der die Idee mit der Sonder-Fete in seinem Haus am Gardasee ausgeheckt hat. Damals am weinseligen Tisch: Neben den Genannten auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, der dem Vernehmen nach Feuer und Flamme war über den Vorschlag, noch vor dem eigentlichen Auftakt in München eine Extra-Feier in Berlin zu veranstalten. "Logisch", sagt Heller, "dass man das in der Hauptstadt macht", und zwar am Tag vorher, schließlich wollten die Fans zur Eröffnung nicht stundenlang "Folklore aus der Heimat" sehen, sondern Fußball pur.Mehr als Blasmusik und Trachtengruppen

Und so kommt es, dass die Sportsfreunde in aller Welt am 8. Juni 2006 ein Feuerwerk deutsch-österreichischer Zeremonienkunst sehen werden, und nicht bloß "Trachtengruppen und Blasmusik" (Schily). Ein Wermutstropfen muss aber auch Zauberer Heller schlucken: Das offizielle Logo zur WM 2006, vier grässlich misslungene Grins-Kreise. Das, sagt er mit scheelem Seitenblick auf Blatter, "hätte ich anders gemacht".

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