"Das kann mir auch passieren"

In den nächsten Wochen werden etliche Plakatwände in der Region Trier die Blicke auf sich ziehen. Das ungewöhnliche Motiv: Guildo Horn als Blinder oder Rollstuhlfahrer. Hinter der spektakulären Aktion steckt der Trierer "Club Aktiv". Der TV war dabei, als Mitte März die Bilder für die Kampagne entstanden.

 Auf dem Plakat posiert Guildo Horn mit Blindenhund „Speedy“. Foto: Agentur

Auf dem Plakat posiert Guildo Horn mit Blindenhund „Speedy“. Foto: Agentur

Trier. Wer so populär ist wie Guildo Horn, wird häufig gefragt, ob er seinen bekannten Namen für einen guten Zweck zur Verfügung stellen kann. "In meinem Büro türmen sich die Anfragen", erzählt der Sänger. Längst nicht immer kann er zusagen. Aber als der Trierer Club Aktiv ihn für seine Kampagne gewinnen wollte, gab es keine lange Überlegung: "Klar bin ich da dabei, schließlich könnte es mir morgen schon passieren, dass ich auch eine Behinderung hätte - zum Beispiel durch einen Unfall".Der "Meister" reist zum Foto-Shooting an

Es gibt noch einen guten Grund für Guildo, sich gerade hier zu engagieren: "Ich kenne den Club Aktiv, so lange ich denken kann". Mit vielen Menschen dort hatte er schon zu tun, als er noch Horst Köhler hieß und an der Uni Trier Behinderten-Pädagogik studierte. Jetzt trifft er den Vorsitzenden Paul Haubrich in Rainer Langers kleinem Foto-Studio im Industriegebiet Trier-Nord wieder. Der "Meister" ist für ein Foto-Shooting aus dem Bergischen Land angereist. Die Idee stammt von der Föhrener Werbe-Agentur "Zweipunktnull": Guildo soll flächendeckend als Behinderter im Rollstuhl oder mit Blindenhund auf Plakatwänden für die Arbeit des Club Aktiv werben. Die Botschaft ist eindeutig: Behinderung kann jeden treffen, deshalb brauchen Organisationen Unterstützung, die sich um Behinderte kümmern. "Auch im Sozialbereich geht es nicht mehr ohne Werbung", sagt Sabine Mach von der Agentur "Mach&Schopp", die sich ebenfalls in den Dienst der guten Sache gestellt hat. Die Botschaft müsse sich "einfach, schnell und im Vorbeifahren erschließen". Paul Haubrich setzt auf die regionale Einbindung seines Vereins, der in Trier vielfältige soziale Dienstleistungen und individuelle Unterstützung für behinderte Menschen anbietet. Aber es geht nicht nur um Sympathie-Werbung für den Club, sondern auch um ein inhaltliches Anliegen: mögliche Schranken zwischen Behinderten und Nicht-Behinderten abzubauen. Schließlich sind in Deutschland 8,6 Millionen Menschen sichtbar oder nicht sichtbar behindert: "Das ist jeder zehnte Bürger", sagt Paul Haubrich. "Ich bin total gespannt, wie die Sache ankommt", sinniert Guildo Horn nach eineinhalb Stunden professionell absolvierter Model-Arbeit. Dass die auf 35 Plakatwänden ausgestellte Maskerade bei "echten" Blinden oder Rollstuhlfahrern auf Vorbehalte stoßen könnte, hält er für ausgeschlossen. "Nur weil jemand behindert ist, ist ihm doch nicht der Humor abhanden gekommen", sagt der 45-Jährige. Die Betroffenen hätten "mit so was viel weniger Probleme als andere". Er muss es wissen. Spätestens seit seiner Sendung "Guildo und seine Gäste" ist er so etwas wie der Behinderten-Beauftragte der Nation. Die große Resonanz, die seine SWR-Talkrunde erzielt ("Es gab seit dem Grand-Prix nix Vergleichbares"), macht ihm sichtlich Freude. "Ich habe das Gefühl, dass behinderte Menschen zunehmend selbstbewusster werden", fasst er seine Eindrücke zusammen. Und wenn die Club-Aktiv-Kampagne dazu einen weiteren Beitrag leistet, hat sich die Arbeit schon gelohnt.

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