Das Karussell dreht sich schon

Im Machtkampf um das Amt des bayerischen Ministerpräsidenten läuft es zugunsten des designierten CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer. Sollte er tatsächlich neuer Regierungschef im Freistaat werden, müsste in Berlin das Amt des Verbraucherschutz- und Agrarministers neu besetzt werden.

Berlin. FDP-Chef Guido Westerwelle ist sich bereits sicher: Kanzlerin Angela Merkel werde eine umfassendere Kabinettsumbildung vornehmen müssen, "denn bei ihr ist Feuer unter dem Dach". Die Aussage darf getrost als Versuch einer Brandstiftung gewertet werden. Die Große Koalition plant alles andere - aber kein umfassendes Stühlerücken.

Vor allem Merkel will die Operation strikt auf die frei werdende Stelle des Agrarministers beschränken. Aber schon das ist schwierig genug, denn die CSU ist auch in Berlin in erheblichen Personalnöten. Charismatische Köpfe fehlen. Seehofer ist der eine, Peter Ramsauer, Landesgruppenchef, ist der andere. Ansonsten drängeln sich bei den Christsozialen nicht gerade Kandidaten für höhere Ämter. Schon gar nicht für den schwierigen Posten des Verbraucherschutz- und Agrarministers, bei dem man unter ständigem Feuer mächtiger Lobbyverbände steht.

In Berlin wird dennoch bereits spekuliert, wer Seehofer beerben könnte: Peter Ramsauer beispielsweise hätte als CSU-Landesgruppenchef durchaus ein Zugriffsrecht. Dass er davon Gebrauch machen wird, ist allerdings nicht zu erwarten, sein Wechsel ins Kabinett würde die derzeitige Schwäche der Landesgruppe kräftig verstärken. Gute Chancen könnte indes auch Markus Söder haben, der einstige CSU-Generalsekretär, derzeit noch Europaminister in Bayern. Söder gilt in der Hauptstadt als gut vernetzt und spielt in Bayern als einflussreicher Bezirksfürst eine wichtige Rolle. Gehandelt werden dürften zudem Hartmut Koschyk, CSU-Strippenzieher in Berlin, und auf der Ebene der Fachpolitiker die quirlige Marlene Mortler. Ebenso fällt der Name des parlamentarischen Staatssekretärs im Landwirtschaftsministerium, Gerd Müller - was eine bequeme Lösung ein Jahr vor der Bundestagswahl wäre. Ihren Regierungssprecher Thomas Steg ließ Merkel vor wenigen Tagen mitteilen, dass es nach wie vor nicht ihr Bestreben sei, "das Kabinett umzubilden". Steg wies - ganz allgemein, versteht sich - auf das Verfahren hin. Es klang nach Routine. Demnach hat jede Regierungspartei für ihre Ministerposten das Vorschlagsrecht und informiert die Kanzlerin sowie die Koalitionspartner nur. So sei es auch gelaufen, als die SPD Olaf Scholz für den ausscheidenden Franz Müntefering nominiert habe.

Dass Merkel also bei einem Abgang Seehofers die erneute Gelegenheit nutzt und auch noch andere Minister austauscht, ist vor allem deshalb unwahrscheinlich, weil die Sozialdemokraten derzeit überhaupt keinen Grund sehen, das Spiel mitzumachen und ihre Minister zu wechseln. Wenn die Kanzlerin nur auf der Unionsseite Veränderungen vornehmen würde, sähe das aus, als säßen nur dort die Versager. Zudem würden personelle Wechsel erhebliche Diskussionen und Unruhe in der ohnehin schon verunsicherten CDU auslösen, die Merkel ein Jahr vor der Bundestagswahl vermeiden muss. So wird das Kabinett bleiben wie es ist - von Seehofer abgesehen, sollte der Ministerpräsident werden.

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