Das Kulturgut schützen und Touristen anlocken

Mainz · Im April 2012 haben wütende Trödelhändler in Mainz demonstriert und eine zügige Neuregelung für gewerbliche Flohmärkte an Sonntagen gefordert. Fast ein Jahr später ist es endlich soweit. Wirtschaftsministerin Eveline Lemke erklärt die Verzögerung mit dem komplizierten Sachverhalt.

 Laut Gesetzentwurf der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Lemke soll der klassische Floh- und Trödelmarkt mit „Omas Schätzchen“ erhalten bleiben.TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Laut Gesetzentwurf der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Lemke soll der klassische Floh- und Trödelmarkt mit „Omas Schätzchen“ erhalten bleiben.TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Mainz. Was lange währt, wird endlich gut: Daran glaubt Eveline Lemke. Die grüne Wirtschaftsministerin hat sich viel Zeit gelassen und auch den Unmut vieler Trödelhändler in Kauf genommen, die sich von ihr vertröstet fühlten, um am Ende ein Gesetz mit bundesweitem Vorbildcharakter zu schmieden, wie sie sagt.
Das Problem der Neuwaren


Das Problem hat vor drei Jahren seinen Anfang genommen. Damals wollte ein Discounter nicht länger hinnehmen, dass auf seinem Parkplatz regelmäßig Trödelmärkte stattfanden, bei denen auch Neuwaren verkauft wurden - wohingegen die Türen des Discounters aufgrund der Sonntagsruhe geschlossen bleiben mussten. Infolge einer Klage kam es zunächst zu einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Neustadt und später des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz. Tenor: An Sonn- und Feiertagen darf in der Regel nicht gearbeitet werden. Märkte sind also unzulässig.
Die Koblenzer Richter öffneten dem Gesetzgeber, also dem Land, aber ein Hintertürchen. Er müsse ein Konzept erarbeiten, aus dem klar hervorgehe, dass die Sonntagsruhe gewährleistet werde und gewerbliche Trödelmärkte nur Ausnahmen darstellten.
Das Wirtschaftsministerium legt nun einen Gesetzentwurf vor. Rheinland-Pfalz nimmt damit als erstes Bundesland eine Gesetzgebungskompetenz wahr, die auf der Föderalismusreform I aus dem Jahr 2006 basiert. Damals wurde festgelegt, dass die Länder den Titel vier der Gewerbeordnung selbst regeln können. Der Titel drei derselben, der etwa traditionelle Volksfeste an Sonntagen regelt, bleibt unangetastet. Um das Problem zu lösen, einerseits die Sonntagsruhe zu gewährleisten und andererseits wieder gewerbliche Flohmärkte zu ermöglichen, definiert das Lemke-Ministerium zwei Sorten von Märkten neu.
Märkte werden neu definiert


Und es begrenzt die Zahl gewerblicher Flohmärkte auf acht pro Jahr, wobei Veranstaltungen an verkaufsoffenen Sonntagen eingeschlossen sind. Ursprünglich waren nur vier geplant.
Der klassische Floh- und Trödelmarkt mit "Omas Schätzchen" ist der, den die Ministerin ausdrücklich erlauben und schützen will. Dort dürfen nur gebrauchte Waren aus dem Haushalt verkauft werden, keine Neuware. "Die meisten alltäglichen Gegenstände bezeugen Geschichte - auch von daher sind Flohmärkte Orte unserer Kultur. Und als Kulturgut sollen sie erhalten bleiben", sagt Lemke. Neu geschaffen wird der Begriff "privilegierte Spezialmärkte". Dort ist auch der Verkauf von Neuwaren erlaubt. Lemke bezeichnet solche Märkte als typisch für bestimmte Regionen des Landes. Sie seien auch für Touristen attraktiv.
CDU inhaltlich einverstanden


Der Gesetzentwurf biete Vorteile für Aussteller und Veranstalter. Auch kleinere Gemeinden könnten solche Märkte realisieren, weil keine Mindestteilnehmerzahl mehr vorgesehen sei.
CDU-Fraktionsvize Alexander Licht, der die begrenzte Zulassung gewerblicher Trödelmärkte gefordert hatte, hat auf den ersten Blick inhaltlich nichts auszusetzen. Aber er kritisiert: "Ich frage mich, warum man dazu so lange brauchte. Das hätte man in wenigen Wochen regeln können."
Das Bistum Trier wollte am Dienstag zu dem Thema nicht Stellung nehmen.

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