Das lange Sterben des Jassir Arafat

TRIER. Seit zweieinhalb Wochen hält Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Welt schon in Atem. Zweieinhalb Wochen mit hunderten von Meldungen über den angeblichen Gesundheitszustand des 75-Jährigen. Mal ging es Arafat vermeintlich besser, mal schlechter, und mehr als einmal wurde sein Tod dementiert.

Am Samstag, 23. Oktober, um exakt 11.15 Uhr befasst sich die Nachrichtenagentur dpa zum ersten Mal seit längerem mit der angeschlagenen Gesundheit des Palästinenserführers. Arafat, so die kleine Meldung, wolle sich von drei tunesischen Ärzten untersuchen lassen. Vier Tage lang ist danach Ruhe an der Nachrichtenfront, bis sich ab Mittwoch, 27. Oktober, die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Um 15.35 Uhr dementiert ein Arzt Berichte über eine angebliche Krebserkrankung Arafats, spricht statt dessen von einer "hartnäckigen Grippe". Nur zehn Stunden später meldet dpa: Arafat in kritischem Zustand. Um 10.39 Uhr kommt die Entwarnung: Arafat schwebt nicht in Lebensgefahr. Abends heißt es plötzlich, der 75-Jährige habe einen "gefährlichen Kollaps" erlitten und werde zur Behandlung nach Paris gebracht. Arafat ist noch nicht gelandet, da läuft bereits die nächste Entwarnung über den Nachrichten-Ticker: Arafats Gesundheitszustand deutlich verbessert, wird Palästinenservertreter Frangi zitiert. Relativ ruhig das Wochenende: Arafat hat keine Leukämie (30. Oktober), Arafat geht es viel besser (31. Oktober). Montags verurteilt der Palästinenser-Chef angeblich vom Krankenbett aus einen Anschlag in Tel Aviv, tags drauf äußert er sich zum US-Wahlkampf und telefoniert. Nur wenige Stunden später heißt es am 4. November plötzlich: Arafat auf der Intensivstation (10.35 Uhr), Arafat seit Stunden im Koma (11.45 Uhr). Um 17.49 Uhr dementiert ein Pariser Kliniksprecher den angeblichen Tod des Palästinenserpräsidenten. Um 21.06 Uhr läuft die Meldung: Arafat grüßt Chirac mit Handbewegung. Zwölf Stunden später bereits das nächste Dementi: Arafat ist absolut nicht gehirntot, wird ein Palästinenser-Sprecher zitiert. Arafat ringt mit dem Tod, heißt es kurz danach. Übers Wochenende tut sich erneut nicht viel. Arafats Zustand unverändert, meldet dpa am Samstag, Arafat lebt, am Sonntag. Am Dienstag wird sein angeblicher Tod erneut dementiert (15.45 Uhr), bevor es wenig später heißt: Arafats Koma tiefer (16.49 Uhr). Das nachrichtliche Verwirrspiel ging auch gestern weiter. Die letzte Meldung vor Redaktionsschluss: Arafat liegt im Sterben. Eigentlich auch nichts wirklich Neues.

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