Das sagen Amerikaner aus der Region zur Trump-Wahl

Trier/Bitburg · Was haben Amerikaner eigentlich selbst über ihren neuen Präsidenten zu sagen? Wir haben nachgefragt - etwa bei Gladiators-Basketballspieler Jack Eggleston oder Opernsängerin Diane Pilcher,

 Jack Eggleston

Jack Eggleston

Foto: Thewalt/volksfreund.de-Archiv

Für Jack Eggleston ist der Mittwoch "kein guter Tag", wie er betont. Der 27-Jährige stammt aus Indianapolis im US-Bundesstaat Indiana, später zogen seine Eltern mit ihm nach Fort Lauderdale in Florida. Seit eineinhalb Jahren spielt der 2,03-Meter-Mann für Basketball-Zweitligist Römerstrom Gladiators Trier. Als der TV ihn am Mittwochmittag erreicht, um über den Ausgang der US-Wahl zu sprechen , ist dem Clinton-Anhänger der Schock über Trumps Wahlsieg deutlich anzumerken. Um drei Uhr in der Nacht, so erzählt der studierte Politikwissenschaftler, sei er aufgestanden, um die Wahl im Fernsehen zu verfolgen. Zunächst sei er noch relativ entspannt gewesen, als es noch gut aussah für Clinton. "Aber in den folgenden dreieinhalb Stunden wurde es immer schlimmer und schlimmer, Trumps Sieg zeichnete sich mehr und mehr ab. Es kam mir vor, als würde ich einem heftigen Autounfall in Zeitlupe zusehen, den ich nicht stoppen kann." Um 6.30 Uhr, als sich Trumps Wahlsieg immer mehr abzeichnete, habe er den Fernseher ausgeschaltet. "Mein Vater rief mich kurz darauf an, er sagte mir, er sei heute trauriger als an dem Tag, an dem seine Eltern gestorben seien - das ist echt kein guter Tag."

Auch beim Vormittagstraining der Gladiators seien die Wahlen ein Thema gewesen. "Als ich reinkam, sahen die Jungs schon, dass ich nicht gut drauf war, sie meinten einfach nur: Sorry, das tut uns echt leid." Teamkollege Kilian Dietz sei direkt auf ihn zugekommen und habe versucht, ihn aufzumuntern: "Er meinte zu mir: ‚Als ich die Ergebnisse im Fernsehen sah, habe ich mich direkt gefragt: Oh man, wie geht's Jack?‘"

Die eine Frage, die sich Eggleston am Mittwoch immer wieder stellt, ist: "Wie können all die Prognosen, die Clinton vor der Wahl vorne gesehen haben, so falsch gelegen haben? Das verstehe ich einfach nicht." Faktenchecks während der letzten Wochen hätten gezeigt, so der 27-Jährige, dass Clinton im Wahlkampf zu 70 Prozent die Wahrheit sage, Trump dagegen zu 70 Prozent Lügen verbreite - dennoch hielten mehr Leute Trump für glaubwürdiger, stellt der Basketballer ratlos fest. "Wie kann das sein?"

Dann versucht er sich die Frage selbst zu beantworten: Wenn man großzügig sein wolle, so Eggleston, könne man vielleicht sagen: "Die Leute haben für Trump gestimmt, weil sie mit dem politischen Establishment unzufrieden sind. Und sie wollten eine Veränderung mit allen Mitteln - diese Veränderung repräsentiert Trump eben." Wenn man das Ganze allerdings ein wenig zynischer sehen wolle, oder ein bisschen realistischer, könnte man auch sagen: "Trump hat Rassismus. Fremdenfeindlichkeit und Sexismus auf die Agenda gebracht, wovon viele dachten, dass dies so in Amerika nicht existiert und niemanden anspricht - aber das ist so nicht, das hat man jetzt gesehen."

Eggleston berichtet von Leuten, die er kenne, die für Trump gestimmt hätten. Für ihn, so sagt er, sei das schwer zu respektieren. "Trump hat kein Problem damit, Leute aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren - das geht gegen unsere Werte, ich verstehe nicht, wie man für so einen Mann stimmen kann." Eggleston macht sich Gedanken um die Zukunft seines Heimatlands. "Die Republikaner unter Trump werden so schnell wie möglich versuchen, Obama Care (Krankenversicherung, die Barack Obama für alle Amerikaner eingeführt hat, Anm. d. Redaktion) abzuschaffen, damit würden 22 Millionen Menschen ohne Krankenversicherung dastehen. Das ist alles sehr beunruhigend. Keiner weiß, wie genau es nun weiter geht." (mfr)

"Ich bin immer noch im Schock", sagt Diane Pilcher. Mit diesem Ausgang der Wahl hat die Opernsängerin wirklich nicht gerechnet, wie sie sagt: "Wer wählt einen solchen Menschen? Was haben die für Werte, was für eine Moral?" Pilcher versteht nicht mehr, was los ist in ihrem Land. Verlassen hat sie es in den Achtzigern, sie zog von Kalifornien nach Trier. Seitdem hat sich jenseits des Atlantiks scheinbar einiges verändert. "Die Leute denken nur an ihren eigenen Vorteil - egal zu welchem Preis", sagt Pilcher, die ihre Stimme selbstredend für Hillary Clinton abgegeben hat. Sie wollten Jobs und Reichtum, den sie nicht teilen müssen. Und genau dafür stehe Trump.

Auch Terrence John Donovan sieht für die Zukunft seines Landes schwarz, jetzt wo Trump "auf einer Welle der Wut ins Weiße Haus gespült wurde." Der Herzchirurg aus Pfalzel hält den Mann mit der blonden Tolle für einen Demagogen, der "den Schmerz des amerikanischen Volkes" ausnutzt. Diesen Schmerz, sagt der Arzt, hätten die Demokraten lange Zeit unterschätzt. Clinton wäre in seinen Augen trotzdem die bessere Kandidatin gewesen, vielleicht sogar die "kompetenteste, die die USA jemals gesehen hat." Das Problem laut Donovan: Die Republikaner haben die Frau des Ex-Präsidenten in den vergangenen Jahren solange mit Dreck beworfen, bis etwas hängenbleiben musste.

Gary Retterbush hingegen sieht in dem neuen Präsidenten viel mehr. Der Milliardär soll derjenige sein, der Washington vom Filz der Korruption befreit. "Er ist nicht bestechlich", sagt der 80-Jährige, "alle anderen Politiker sind es: die Clintons, die Obamas." Davon hätten die Amerikaner jetzt ein für alle Mal genug. Und wie steht er zu Trumps kontroversen Äußerungen - beispielweise zu der Ankündigung eine Mauer an der mexikanischen Grenze zu errichten? "Ach, kein vernünftiger Mensch glaubt, dass er das wirklich macht", meint er. Heutzutage müsse man eben etwas übertreiben im Wahlkampf. Dass etwas gegen die Migration getan werde - übrigens auch i n Deutschland - findet der 80-Jährige aber sinnvoll. Dabei ist er in der Bundesrepublik doch streng genommen selbst ein Ausländer, oder? "Ich lebe seit 40 Jahren hier, ich spreche deutsch und zahle meine Steuern!", protestiert er.

Gerade das Migrations-Thema war im US-Wahlkampf entscheidend, meint auch Anna Maria Duplang. Sie stammt aus New Jersey und ist Lektorin im Fachbereich Anglistik an der Universität Trier. Duplang glaubt, dass vor allem die sozial Schwachen Trump gewählt haben - aus Angst, die Einwanderer, beispielsweise aus Mexiko, nähmen ihnen die Arbeitsplätze weg. Selbst die Latinos, auf deren Stimmen Clinton gebaut hatte, wollen keine "competition" mit ihren Landsleuten, wie Duplant glaubt. Trump hat außerdem versprochen, dass er große Firmen wieder in die USA zurückbringt, auch in die Peripherie - nach Wisconsin, zum Beispiel, oder nach Minnesota. Und gerade dort hätten viele den Immobilien-Tycoon gewählt. Eine weitere Stärke Trumps, wie sie sagt: Er redet frei heraus, hält sich nicht an die Regeln der Political Correctness. Clinton hingegen ist Berufspolitikerin, sie gehört zum Establishment. Und dieses gelte vielen US-Bürgern als "sleazy", auf deutsch: schmierig. Sie habe ihr Kreuz trotzdem für Clinton gemacht, schon immer habe sie die Demokraten bevorzugt.

Was sie sich nun vom neuen Präsidenten erwartet? Sie sagt sie hoffe einfach, dass er nicht allzu viel von dem durchbekommt, was er versprochen hat. Das Gute: Sie kann sich das Ganze aus der Ferne ansehen. In die USA will sie erstmal nicht wieder zurück. Ihre Nachricht nach Hause: "Ihr habt ihn gewählt. Seht zu, wie ihr jetzt mit ihm klarkommt." (cha)

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