Das schmutzige Geschäft

Die zynische Feststellung des geschassten Hamburger Innensenators Schill, Politik sei ein schmutziges Geschäft, klingt so, als führe ein Sittenstrolch Klage über den Verfall der Moral. Gewiss ist Politik gelegentlich anrüchig, schließlich wird sie von Menschen gemacht. Aber der tiefere Sinn einer zivilisierten Gesellschaft mit einem demokratisch-ethischen Anspruch ist es gerade, schmutzige Elemente zu entfernen und nach sauberen Lösungen zu suchen. Schwierig wird die Lage allerdings, wenn Politik weitgehend handlungsunfähig ist, weil sich die Kräfte blockieren.Schmutzig ist Politik vor allem, wenn sie von Typen wie dem selbstgerechten Populisten Schill beeinflusst wird. Zwei Jahre lang hat "Richter Gnadenlos" seine Show abziehen dürfen. Das war möglich, weil er die von der SPD frustrierte Bevölkerung zuvor hatte blenden können. Ole von Beust wollte unbedingt Bürgermeister werden, und die Steigbügelhalter von der FDP nahmen die Kontaminierung durch Schill ungeniert in Kauf. CDU und FDP könnten den Hamburger Spuk beenden, indem sie der politischen Kultur zur Renaissance verhelfen und Neuwahlen ermöglichen. Das beabsichtigen sie aber nicht: Sie fürchten den Verlust der Macht, weshalb sie selbige umklammern mit dem heuchlerischen Hinweis auf den "Wählerauftrag". Das ist das eigentliche Problem: Es geht um die Macht. Auch deshalb ist das Modell Deutschland in die Sackgasse geraten. Unser föderalistisches System, das den Einfluss der Länderfürsten ermöglicht, hat den Gesetzgebungsauftrag des Bundes konterkariert. Die Wirtschafts- und Finanzdaten belegen eindrucksvoll, dass Stillstand herrscht. Steuern, Rente, Gesundheit - alles stockt, weil sich das linke und das rechte Lager neutralisieren. Was tun? Nun, das Knäuel lässt sich auflösen, wenn Gossenpolitik à la Schill ihren Einfluss verliert; wenn übergeordnete staatliche Interessen wieder an Bedeutung gewinnen; und wenn die föderale Rechtsordnung der Bundesrepublik im Sinne einer besseren Funktionalität korrigiert wird. Viele Köche verderben den Brei, der Spruch ist ebenso simpel wie wahr. Deshalb muss eine Trennung der Verantwortlichkeit her, die vordringlichste Aufgabe. nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort