"Das Spiel der Länder"

Berlin. Die Ausgangslage ist klar: Bis 2010 werden angesichts geburtenstarker Jahrgänge 90 000 zusätzliche Studienplätze benötigt – und das reicht auch nur, wenn sich der Status Quo nicht negativ verändert. Seit fast zehn Monaten verhandeln also Bund und Länder um den von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) ins Leben gerufenen "Hochschulpakt".

Gestern gab es anlässlich der in Berlin tagenden Kultusministerkonferenz die vierte Runde. Man kommt sich näher. Eine heikle Schlüsselfrage im wahrsten Sinne des Wortes muss allerdings noch geklärt werden, "weil 16 Länder in unterschiedlichen Ausgangspositionen sind", so Schavan. Wie immer steht und fällt alles mit den Finanzen. In diesem Fall ganz besonders mit dem Verteilungsschlüssel für die geplanten Gelder. Der Bund bietet an, die Hälfte der entstehenden Kosten zu übernehmen, also bis 2010 insgesamt 565 Millionen Euro. Für den Rest zu sorgen, "das ist das Spiel der Länder", betont Schavan. Die Kultus- und Wissenschaftsminister haben daher die prekäre Aufgabe, in den heimischen Kabinetten Mittel einzutreiben, was weitgehend unstrittig ist. Zweitens aber für eine gerechte und vor allem sinnvolle Verteilung unter den Ländern zu sorgen - worauf die jeweiligen Finanzminister mit Argusaugen achten werden. Das alles bis zum 20. November, weil kurz darauf die Ministerpräsidenten den Pakt feierlich unterzeichnen sollen. Das Zeitfenster schließt sich auch deshalb, weil im Herbst und Winter zahlreiche Finanzverhandlungen zwischen Bund und Ländern anstehen. "Es ist kein einfacher Akt", räumte Saarlands Minister Jürgen Schreier (CDU) gegenüber unserer Zeitung ein. Und NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ergänzt: "Einige meinen, sie bilden ohnehin über Bedarf aus.Immer weniger Studenten in den neuen Ländern

Das ist der Punkt: In den neuen Ländern gibt es immer weniger Studenten, das heißt, einen Überhang an Studienplätzen; in den Stadtstaaten sind die Hörsäle hingegen übervoll. Weit über dem Durchschnitt wird dort universitär ausgebildet, wie zum Beispiel Berlins Senator Klaus Böger (SPD) hervorhebt. Und in den alten Ländern lassen sich alle drei Ausgangsposition finden - Abbau, Ausbau und Status Quo bei den Studienplätzen. Wie kann man daher die unterschiedlichen Leistungen der Länder in einen sinnvollen Ausgleich bringen? Das hat auch was mit der künftigen Qualität der Lehre zu tun. Nur so viel - dem Vernehmen nach soll eine Klausurtagung helfen. Bei der zweiten Säule des Hochschulpaktes herrscht hingegen Einvernehmen: Bei der Einführung einer Forschungsprämie, einer neuartigen Programm-Kostenpauschale in Höhe von 20 Prozent bei allen Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Schavan hat dafür 700 Millionen Euro veranschlagt. Insgesamt kostet der Pakt den Bund nach ihren Plänen rund 1,27 Milliarden Euro. Tatsächlich sind in der Finanzplanung der Koalition dafür jedoch bislang nur knapp eine Milliarde Euro vorgesehen. Bei den internen Gesprächen gestern sagte Schavan, dass es anders als kolportiert keinen Streit mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) über die zusätzlichen Mittel gegeben habe. "Sie will es locker machen", sagte ein Landesminister und grinste schelmisch.

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