Datenschutz: Surfen im Internet ist wie Schwimmen im Atlantik - Verbraucherminister Jochen Hartloff im Volksfreund-Interview

Trier · Die Bürger sollen selbst entscheiden können, welche Daten Unternehmen wie etwa Google oder Facebook von ihnen sammeln. Das sagt der rheinland-pfälzische Verbraucherschutzminister Jochen Hartloff (SPD) im Interview mit dem Trierischen Volksfreund. Mit dem Minister sprach unser Redakteur Bernd Wientjes.

Die Schufa weiß mehr über mich, als ich selbst. Beim Handyspiel "Angry Birds" freut sich der amerikanische Geheimdienst, dass er unbemerkt meine Daten abgreifen kann. Wie sicher sind die Daten im Internet überhaupt?
Jochen Hartloff: Das mit den Daten im Internet ist so, als wenn man im Atlantik schwimmen geht. Man weiß, da sind gefährliche Fische drin, geht aber trotzdem ins Wasser. Man muss eben aufpassen. Genau wie im Internet. Jeder Bürger sollte also wissen, was er von seiner Privatheit im Netz preisgibt.
Aber Herr Hartloff, ich weiß doch mittlerweile gar nicht mehr, wer meine Daten abgreift. Wenn ich eine App auf meinem Smartphone öffne, dann gehe ich doch nicht davon aus, dass ich ausspioniert werde.
Hartloff: Ich empfehle einfach, nach all den Erfahrungen, die wir mittlerweile haben, genau davon auszugehen, dass man eben ausspioniert wird. Daher muss jeder Smartphone- oder Internetnutzer besondere Vorkehrungen treffen, um seine Daten zu schützen.
Warum gibt es dann überhaupt noch Datenschutzbestimmungen?
Hartloff: So schön das freie Netz auch ist, wir brauchen auch einen gewissen Rahmen für den Schutz der Verbraucher vor Datenmissbrauch. Es ist dringend notwendig, dass die europäische Datenschutz-Grundverordnung verabschiedet wird. Daten dürfen nicht länger Handelsware sein.
Das klingt ein Stück weit hilflos ...
Hartloff: Hilflos würde ich nicht sagen. Aber der Datenschutz, ob in Deutschland, in Europa oder in der Welt, läuft immer hinterher. Wenn sich bestimmte Techniken so rasant entwickeln, dann rennt man mit den Rechtsregelungen immer hinterher, aber wir arbeiten ständig an der Bewältigung dieser Herausforderung.

Zeigt aber nicht gerade die vergangene Woche vom Bundesgerichtshof abgesegnete Auskunftsverweigerung der Schufa über die gesammelten Daten, dass der Staat machtlos ist?
Hartloff: Wenn einer eine solche Marktstellung hat wie die Schufa, sind die Verbraucher dem Unternehmen natürlich ein Stück weit ausgeliefert. Die Gesetze müssen daher so weiterentwickelt werden, dass die Verbraucher Auskunft darüber erhalten, wie die Bonitätsbewertung der Schufa zustandekommt.
Die Verbraucher sollen also wissen, wer was über sie weiß und wo ihre Daten gespeichert sind?
Hartloff: Die Verbraucher müssen in Zukunft wissen, was mit ihren Daten im Internet passiert. Diese Hoheit müssen die Bürger haben. Erst wenn sie ihre Daten bewusst freigeben, dürfen sie weitergegeben werden.
Das dürfte aber schwierig sein - bei den Geheimdienstaktivitäten. Die werden wohl nicht erst fragen, wenn sie Daten abgreifen.
Hartloff: Wir brauchen in Sachen NSA ein Schutzabkommen mit den entsprechenden Staaten. Die Privatheit von normalen Internetnutzern muss gewahrt bleiben.
Was können Sie konkret als Verbraucherschutzminister von Rheinland-Pfalz dafür tun?
Hartloff: Ich kann Impulse geben. So haben wir gemeinsam mit Unternehmen, Verbraucher- und Datenschützern Bedingungen für mobiles Bezahlen festgelegt. Das ist ein Beispiel, wo wir bereits im Vorfeld aktiv geworden sind, bevor sich das Zahlen per Handy in Deutschland noch weiter verbreitet. Rheinland-Pfalz ist das erste Bundesland, das dazu Eckpunkte entwickelt hat.
Was erwarten Sie denn konkret von der Bundesregierung in Sachen Datenschutz?
Hartloff: Zunächst: Ich bin dafür eingetreten, dass in das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz auch der Datenschutz im Sinne eines Bürgerrechtsministeriums integriert wird. Die Bundesregierung muss nun alles daran setzen, die Datenschutz-Grundverordnung auf Ebene der EU voranzubringen und nicht, wie die Vorgängerregierung, zu blockieren. Der europäische Rahmen bedeutet Marktmacht auch gegen Unternehmen wie Google oder Facebook. wie

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