Dauerbrenner Mehrwertsteuer

BERLIN. (ve) Die Gerüchte wirken stets elektrisierend, auch wenn die Bundesregierung immer eilfertig dementiert: Eine angeblich bevorstehende Erhöhung der Mehrwertsteuer ist stets für Schlagzeilen gut.

Der Kanzler, so wollen gut unterrichtete Kreise wissen, sinnt auf einen Befreiungsschlag. Um die schlechte Stimmung im Land zu verscheuchen, könnten die Segnungen der für 2005 angepeilten Steuerentlastungen bereits im kommenden Jahr greifen. Statt einer stufenweisen Prozedur würde der Eingangssteuersatz dann mit einem Schlag von 19,9 auf 15 Prozent sinken und der Spitzensteuersatz ginge von 48,5 auf nur noch 42 Prozent zurück. Dadurch könnten Bürger und Unternehmen rund 20 Milliarden Euro mehr verbuchen. Auf diese Weise, so die Hoffnung, käme ein wirtschaftlicher Schub in Gang, der allerdings erst einmal die öffentlichen Kassen vor riesige Probleme stellt. Für einen annähernden Ausgleich bei den Einnahmen soll deshalb die Erhöhung der Mehrwertsteuer (gegenwärtig 16 Prozent) sorgen. Die Planspiele gehen von zwei Prozentpunkten plus aus. Das macht 16 Milliarden Euro für den Fiskus. Alles "frei erfunden", schoss ein Sprecher des Finanzministeriums in bekannter Manier zurück. Dennoch würde eine Anhebung der Mehrwertsteuer manchen Vorteil bieten. Da sie nach dem Rasenmäherprinzip praktisch auf alle Waren und Dienstleistungen durchschlägt, wären auch sämtliche gesellschaftliche Interessengruppen scheinbar gleichermaßen betroffen. Und im europäischen Vergleich sind die Deutschen bei der Mehrwertsteuer übrigens noch gut dran. Lediglich Luxemburg weist mit 15 Prozent einen geringeren Satz aus. An der Spitze stehen Dänemark und Schweden mit jeweils 25 Prozent. In diesen Staaten werden die Sozialsysteme allerdings auch vorrangig über Steuern finanziert. Entsprechend niedriger sind dort die Beiträge. Ein System, das auch bei Wolfgang Böhmer Beifall findet. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer sei nur im Zuge einer zeitgleichen Beitragssenkung diskutabel, meinte der CDU-Ministerpräsident Sachsen-Anhalts gestern in Magdeburg. Vielleicht bahnt sich ja eine große Sachkoalition an…

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