Demokratie und Kirche

Späte Genugtuung: Der Prümer Pastor Robert Lürtzener ist wieder Dechant. Damit endet ein unrühmlicher Kirchenakt, der vor acht Jahren weit über die Region hinaus für Schlagzeilen sorgte. Nur weil ein Dechant seine Meinung zu verkrusteten Kirchenstrukturen öffentlich gemacht hatte, indem er die Freiwilligkeit des Zölibats forderte, mehr Laien und (!) Frauen in Kirchenämtern verlangte sowie Kritik an Rom übte, traf ihn die klerikale Keule mit brutaler Härte. Im Handumdrehen war der Kirchenmann seinen Dechantenposten los, nachdem die Trierer Kirchenoberen ihn dazu gezwungen hatten, das Amt nieder zu legen. Die vom Bistum veranlasste offizielle Lesart, wonach der Priester freiwillig auf denPosten verzichtete, nahmen selbst die treuesten Kirchgänger nicht ernst. "Wie und was kann ein Dechant öffentlich äußern" war seinerzeit die entscheidende Frage, die Robert Lürtzener bei seiner Kopfwäsche im Generalvikariat zu beantworten hatte. Doch dazu kam es nicht wirklich, weil die Bistumsspitze ihm schnell klar machte, dass von der katholischen Kirche selbst erwirkter anachronistischer Unsinn gefälligst unter der Decke zu halten sei. Die Tatsache, dass der streitbare Theologe nun wieder in Amt und Würden ist, spricht zunächst für die liberale Haltung von Bischof Reinhard Marx. Er nämlich kann bestimmen, ob die Wahl der Pastoralkonferenz zu akzeptieren ist oder ob er die Kirchenmänner erneut zum Urnengang auffordert. Dass sich der Trierer Oberhirte dem demokratischen Votum unterworfen hat, lässt zumindest die vage Hoffnung zu, wonach ein kirchlicher Prozess des Öffnens in Aussicht steht. Wenn dieses Umdenken nicht nur das Wissen um die Notwendigkeit der Erneuerung der Kirche nach Innen und Außen beinhaltet, sondern auch die freie Meinungsäußerung, wäre schon ein richtungsweisender Schritt getan. Die Möglichkeit, dass eine Wahl mangels Masse über die Bühne gegangen ist, stellt indes die zweite Variante dar. Schade nur, dass dasBistum sich weigert, seinen Schäfchen reinen Wein einzuschenken und damit - wieder einmal - Spekulationen Tür und Tor öffnet. m.reuter@volksfreund.de

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