Meinung Erschreckender Stahlgigant mit großer Bedeutung
Der Anblick der nun fast fertigen gigantischen Hochmoselbrücke zwischen Ürzig und Rachtig ist auf den ersten Blick erschreckend, zerschneidet sie doch ein idyllisches Flusstal, an dessen Ufern steile Weinberge emporragen.
Der Hochmoselübergang bei Ürzig ist aber auch faszinierend. Der Blick verharrt unwillkürlich auf dem 160 Meter hohen Stahlkoloss, der in den vergangenen Monaten Meter für Meter vorgeschoben worden ist, bevor es heute zum offiziellen Brückenschlag kommen soll. Um es platt zu sagen: Es ist ein Meisterwerk der deutschen Ingenieurskunst, ein solches Bauwerk zu errichten. Auch wenn es weiterhin Zweifel an der Standfestigkeit gibt und nach der Brückenkastatrophe von Genua die Diskussion um die generelle Sicherheit des Moselübergangs wieder vereinzelt geführt werden wird.
Die Kritik an dem Bauwerk ist nachvollziehbar. Die Bedenken dagegen wurden mehrfach von verschiedener Seite vorgetragen, gehört und teilweise auch widerlegt. Die Gegner müssen nun akzeptieren, dass sie verloren haben. Sie konnten den Bau nicht verhindern. Im nächsten Jahr sollen die ersten Fahrzeuge über die Brücke rollen. Und das ist auch gut so.
Denn verkehrstechnisch ist der Hochmoselübergang ein wichtiges Projekt. Er führt die am Autobahnkreuz Wittlich endende Eifelautobahn A 60 als Bundesstraße weiter und verbindet somit Eifel und Hunsrück. Die neu entstehende Achse schließt damit die Lücke zwischen den Seehäfen in Belgien und den Niederlanden und dem Rhein-Main-Gebiet. Landesverkehrsminister Wissing hat recht, wenn er den Hochmoselübergang als überregionale Fernstraße einstuft. Zumal dadurch vor allem der Lastwagenverkehr auch zum Flughafen Hahn, der derzeit beim Frachtflug wieder boomt, anders gelenkt wird, an einigen Moselorten vorbei. Viele Bürger werden dadurch von Lärm und Abgasen entlastet. Zumal die Wirtschaft von einem weiter zunehmenden Güterverkehr auf der Straße in den nächsten Jahren ausgeht. Das liegt auch daran, dass der Bund die Investitionen in das Schienennetz in den vergangenen Jahren vernachlässigt hat und die Fracht von der Bahn damit auf die LKW gezwungen hat. Insgesamt gesehen ist der Gütertransport auf der Straße billiger als auf der Schiene. Vor diesem Hintergrund ist der Bau der vielleicht unansehnlichen Hochmoselbrücke eine richtige Entscheidung. Auch für die regionale Wirtschaft, wie sich an den boomenden Gewerbeansiedlungen entlang der Trasse der neuen B 50 bereits jetzt zeigt. Um das Autobahnpuzzle in der Region endlich zu vollenden, gehört aber auch die lückenlose Anbindung Richtung Norden dazu. Der Lückenschluss der A 1 in der Eifel ist mindestens genauso wichtig wie der Hochmoselübergang.
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