"Der Deubel steckt im Detail"

Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) hat am Donnerstag bei einer Fragestunde im Landtag alle Vorwürfe zum Projekt "Nürburgring 2009" zurückgewiesen. Die Opposition will weiter nachbohren.

 Echte Hingucker: Zu den Publikumsrennern auf dem Nürburgring sollen auch in Zukunft die Oldtimer gehören. TV-Foto: Archiv/Jürgen C. Braun

Echte Hingucker: Zu den Publikumsrennern auf dem Nürburgring sollen auch in Zukunft die Oldtimer gehören. TV-Foto: Archiv/Jürgen C. Braun

Mainz. Der Hüter der Finanzen im Kreuzfeuer: Etwa eineinhalb Stunden lang steht Minister Ingolf Deubel den Abgeordneten im Hohen Haus Rede und Antwort zum "Leuchtturmprojekt" an der legendären Rennstrecke in der Eifel, die für 250 Millionen Euro zu einem ganzjährigen Freizeit- und Geschäftszentrum erweitert wird.

Immer wieder wandert sein Blick zu Ministerpräsident Kurt Beck, als müsse er sich dessen Rückendeckung versichern. Der Regierungschef lächelt, zusehends verfinstert sich aber seine Miene angesichts der bohrenden Opposition. Deubel, der anfangs Optimismus versprüht und auf "das zu erwartende Wachstum" durch das Ring-Projekt ("50 Millionen Euro zusätzlicher Umsatz, 200 000 Übernachtungen, 500 neue Arbeitsplätze") verweist, wird immer ungehaltener. Am Ende poltert er: "Ich bin konsterniert, in welcher Weise Investoren in diesem Land diskreditiert werden!"

Inhaltlich konzentrieren sich CDU und FDP auf den Investor Mediinvest und die von diesem gegründete Projektgesellschaft Motorsport Resort Nürburgring GmbH (MSR), auf weitere private Gesellschaften wie IPC GmbH und Pinebeck Nürburgring GmbH sowie auf die Rolle der weitgehend landeseigenen Nürburgring GmbH. Reden dürfen die Abgeordneten nicht, nur fragen. Der Eifeler Michael Billen (CDU) erkundigt sich etwa nach dem Drei-Millionen-Kredit der Nürburgring GmbH, der im Oktober 2008 über die Pinebeck Nürburgring GmbH an den Investor und seine Projektgesellschaft MSR floss (der TV berichtete). Der Kredit sei nicht erstrangig im Grundbuch abgesichert gewesen. "Hier steckt der Deubel im Detail. Hoffentlich entpuppt es sich nicht als teuflisch."

Der Finanzminister weist dies zurück. Es habe am 7. Oktober "notarielle Andienungen zur Grundbuch-Eintragung" der MSR für ein "unbelastetes Grundstück" in Drees und eines in Adenau gegeben. Da am 6. Oktober ein Raumordnungsbescheid ergangen sei, habe es sich bei dem Grundstück in Drees "nicht mehr um Ackerland" gehandelt, es sei also werthaltig gewesen. Da ein Baustopp gedroht habe, weil dem Investor ein 60-Millionen-Kredit weggebrochen sei, habe der Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH den Drei-Millionen-Kredit genehmigt. Am 15. Oktober seien die Verträge unterschrieben worden und die Auszahlung erfolgt, danach sei das grundbuchliche Verfahren eingeleitet worden. Scharfe Kritik übt im Anschluss FDP-Fraktionschef Herbert Mertin. "Der Minister verstrickt sich in Widersprüche. Wir werden konsequent nachfassen." Unstrittig sei, dass Deubel das Parlament "objektiv falsch informiert" und "verschleiert" habe. Mertin: "Wir können nur hoffen und beten, dass alle Rheinland-Pfälzer den Nürburgring besuchen. Zahlen müssen sie als Steuerzahler sowieso - aber dann haben sie wenigstens noch das Vergnügen."

Die CDU sieht in Deubel den "Finanzknecht von Ministerpräsident Beck". Das Projekt dürfe durch "Missmanagement nicht gefährdet werden". Der Drei-Millionen-Kredit der Nürburgring GmbH bedürfe "einer intensiven Prüfung unter verschiedensten Gesichtspunkten", sagt Michael Billen. Starker Protest kommt auch von den Grünen. Es bestehe der Verdacht, "dass hier mit komplizierten Finanzkonstruktionen dubiose Unregelmäßigkeiten verschleiert werden sollen", beklagt Vorstandssprecherin Eveline Lemke.

Die SPD verteidigt Deubel. "Die Kritik der Opposition ist in der Summe ohne Substanz. Dass versucht wird, einen längst zurückgezahlten Kredit zum Skandal zu erklären, macht deutlich: Die Opposition will die Landesregierung treffen."

Meinung

Glaubwürdigkeit verspielt

Finanzminister Ingolf Deubel wird vermutlich nicht über die fragwürdigen Finanzpraktiken am Nürburgring stolpern, die er zu verantworten hat. Ist er doch seinem Ruf als Problemlöser gerecht geworden und hat das Prestigeprojekt "auf Kurs gehalten", wie es Ministerpräsident Kurt Beck und die SPD von ihm erwartet haben. Folglich hält die Regierung mit ihrer absoluten Mehrheit an ihm fest. Dass hier der Zweck alle Mittel heiligt, dass alles schöngeredet wird, dass Parlament und Öffentlichkeit erst gar nicht und teils falsch informiert werden - Schwamm drüber. Ganz so vergesslich wie die Landesregierung und die Sozialdemokraten, die am liebsten schnellstens das Mäntelchen des Schweigens ausbreiten würden, sind die Wähler aber nicht. Denn wer so unseriös mit Krediten hantiert wie dieser Finanzminister im Fall Nürburgring, der hat viel Glaubwürdigkeit verspielt. Und die dicke Rechnung kommt erst noch: Wenn sich die optimistischen Prognosen nicht erfüllen sollten, wovon aufgrund des Ausbleibens privater Investoren beinahe schon auszugehen ist, trägt die Last der Steuerzahler. Und die Opposition? Sie wird zurecht noch ein Weilchen klagen - aber sich wohl wie immer ihrem Schicksal der Machtlosigkeit ergeben. f.giarra@volksfreund.de

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