Der Export turnt nahe am Abgrund

Berlin · Bisher ist der Export ein Wohlstandspfeiler Deutschlands. Doch wie lange noch? Deutlich wie nie hat Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Außen- und Großhandel, vor den Risiken gewarnt, die die Weltkrisen für seine Branche bedeuten.

Berlin. Die Brandherde heißen: Mittlerer Osten, China und - Europa. Und sie könnten laut Bundesverband Außen- und Großhandel massive Auswirkungen auch auf Deutschland haben. Das größte Risiko sieht Verbandschef Anton Börner aktuell in einer Zuspitzung des Konfliktes zwischen Saudi-Arabien und Iran.
Gefahr einer Rezession


Jedes der Länder sei für sich genommen zwar für die deutsche Exportwirtschaft nicht so wichtig. Doch wenn es zu einem Brand in der Region komme, werde davon sofort die Weltwirtschaft betroffen sein, sagt Börner. "Das würde uns erschüttern." Ähnlich wäre es, wenn es in China eine "harte Landung" der bisher so zuverlässig wachsenden Wirtschaft gebe. "Dann haben wir nicht nur eine Rezessionsgefahr, dann haben wir die Rezession."
Die Tatsache, dass das Börsenbarometer Dax am Montag wegen der chinesischen Geldmarktturbulenzen eingebrochen sei, zeige, wie eng beide Volkswirtschaften zusammenhingen. Ein Crash in China werde nicht nur den direkten Handel Deutschlands mit dem Land betreffen, sondern indirekt auch die Geschäfte mit dem gesamten asiatischen Markt und selbst mit den USA berühren.
Der 61-jährige Unternehmer steht dem Außenhandelsverband seit 15 Jahren ehrenamtlich vor und gilt eher als bedächtiger Wirtschaftsfunktionär. Allerdings auch als ehrliche Haut. Er verstehe seine Aussagen als Mahnung, sich den Herausforderungen zu stellen, sagte er gestern bei seiner Jahresauftaktpressekonferenz. Das richtete sich vor allem an die Europäer.
Der Verbandspräsident listete die Herausforderungen auf: die nationalistischen Bewegungen in Polen, Ungarn und Frankreich, die Euro-Skepsis in England, die Wahlerfolge von Populisten in Spanien und Italien, die Grenzkontrollen in Skandinavien, die noch immer nicht wirklich gelöste Krise Griechenlands, die Geldpolitik der Zentralbank.
Gefragt, wie er Europa in zwei Jahren sehe, antwortete Börner: "Man hat mir geraten, das nicht öffentlich zu sagen". Nur so viel: "Nicht positiv". Wenn Europa so weitermache, "wird es nur Verlierer geben".
Offene Grenzen, freier Handel, faire Kooperation seien Voraussetzungen des Wohlstandes gerade in Deutschland. Dazu gehöre auch das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA. Europäern, die sich abschotten wollten, rief Börner zu: "Wisst ihr eigentlich, was für ein gefährliches Spiel ihr spielt?" Er bezog dies vor allem auf die Wähler in Frankreich. Das gelte aber auch für Abschottungstendenzen in Deutschland. "Jeder sollte sich prüfen, mit wem er demonstriert", sagte der Verbandsfunktionär, offenbar mit Blick auf Pegida.

Stagnierender Umsatz



Auch ohne dass die genannten Risiken eintreten, erwartet die Branche vom neuen Jahr nicht viel Positives. Der Umsatz werde 2016 bei 1,12 Billionen Euro stagnieren; bei der Beschäftigtenzahl werde es nur noch einen Zuwachs von 5000 Jobs auf dann 1,932 Millionen im Außen- und Großhandel geben, sagte Börner auf der Basis einer Umfrage unter 1200 Mitgliedsfirmen. Die Umfrage ergab auch, dass 70 Prozent der Unternehmen den Flüchtlingsstrom als Chance für Deutschland sehen. 65 Prozent wollen den Asylbewerbern Jobangebote machen, zumeist jedoch nur als Lagerarbeiter, Praktikanten oder Auszubildende.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort