Der knallharte Poker um die Machtverteilung beginnt

Neuer Partner, neue Drehbücher: Ministerpräsident Kurt Beck und der SPD stehen harte Verhandlungen mit den Grünen bevor. Beseelt werden sie von der Vision, in Rheinland-Pfalz eine "Anti-Atomkraft-Koalition" zu schmieden.

Mainz. Kleine Geste, große Wirkung: Als der alte und neue Regierungschef in der Wahlnacht bei der Grünen-Party erscheint, brandet Jubel auf. "Kurt, Kurt, Kurt", schallt es. Beck genießt den freundlichen Empfang. Doch die Feiertage sind vorbei. Schon morgen beginnt der knallharte Koalitionspoker. Ende offen.

Gerungen wird um die Machtverteilung. Bislang gibt es neben der Staatskanzlei und der Landesvertretung in Berlin sieben Ministerien mit unterschiedlich vielen Fachgebieten. Nun wird alles in einen großen Topf geworfen und anschließend eine neue Regierung kreiert.

Die Köche haben allerdings eigene Vorstellungen über die Zutaten. Beide werden Abstriche machen müssen. Chefkoch Beck und den Sozialdemokraten mundet die Bildung am besten. Sie stellt das Gebiet dar, auf dem sie nach ihrer Meinung in den vergangenen 20 Jahren die größten Erfolge erzielt haben. Doch wenn Grünen-Chef Daniel Köbler von einem "längeren gemeinsamen Lernen der Schüler überall da, wo es die Eltern wollen" redet, deutet sich eine geschmackliche Präferenz für das Ressort an. Er selbst wäre wohl nicht abgeneigt, es zu leiten. Beck und die SPD werden die Bildung aber höchst ungern abgeben, allenfalls Unterbereiche wie Jugend oder Kultur.

Die Finanzen gelten als zweites Schlüsselressort. SPD-Finanzminister Carsten Kühl kann vermutlich ruhig schlafen, denn er hat als Herr des Geldes Zugriff auf alle anderen Ressorts, den sich der Ministerpräsident nicht nehmen lassen wird. Zudem sind dem Volk angesichts des nötigen Sparkurses kaum Genüsse zu bescheren.

Da SPD-Wirtschaftsminister Hendrik Hering schwierige Problemfälle wie den Nürburgring oder den Flughafen Hahn zu lösen hat, zeigen die Grünen auch an diesem Topf wenig Interesse. Abgeben könnten Hering und die SPD die Zuständigkeit für die Landwirtschaft. Der grünen Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken aus Bitburg werden diesbezüglich Ambitionen nachgesagt.

Als Verhandlungsmasse werden offenbar von beiden Parteien das Innen- und Sportministerium sowie das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen begriffen. SPD-Innenminister Karl Peter Bruch scheidet aus, Staatssekretär Roger Lewentz würde gerne sein Nachfolger. Er meldet allerdings neuerdings auch Ansprüche auf den Fraktionsvorsitz im Landtag an. Die Grünen machen keinen Hehl daraus, dass ihnen die kommunalen Finanzen wichtig sind.

Führende Sozialdemokraten können sich kaum vorstellen, den Grünen die Verantwortung für die Polizei zu überlassen. Die Lösung könnte darin bestehen, ein neues Ministerium für den ländlichen Raum unter Grünen-Federführung zu schaffen und zu diesem Zweck Abteilungen aus dem Innen- und dem Wirtschaftsressort auszugliedern.

Dass die Trierer SPD-Sozialministerin Malu Dreyer weiter gerne Arbeit und Soziales verantworten würde, gilt als offenes Geheimnis. Auch hier zeigen die Grünen starkes Interesse, auch hier gibt es Spielraum mit den zugehörigen Bereichen. Als Juristin könnte Dreyer auch anders im Kabinett bleiben und das von SPD wie Grünen eher ungeliebte Justizministerium übernehmen.

Eine mögliche grüne Kandidatin für einen Ministerposten, die Trierer Sozialdezernentin Angelika Birk, früher Ministerin in Schleswig-Holstein, winkt ab. "Ich bin Bürgermeisterin in Trier und mache hier meine Arbeit."

Grünen-Chef Köbler sagt vor den Koalitionsgesprächen: "Wir werden erst über Inhalte und dann über Ressorts reden." Genauso äußert sich SPD-Generalsekretärin Heike Raab. Da der Erfolg der künftigen Koalition aber maßgeblich von fähigen Köpfen abhängt, wird nun im Vordergrund stehen, wer überhaupt alles am Herd stehen darf.

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