Der König und das Kollektiv

Was wäre die SPD in Rheinland-Pfalz ohne Kurt Beck? Über diese Frage kann man trefflich diskutieren. Fakt ist: Der Landesvorsitzende und Ministerpräsident prägt die Partei seit drei Jahrzehnten wie kein anderer.

Er hat sie zusammengeschweißt, mit ihm an der Spitze wurden drei Wahlsiege errungen. Keiner regiert in Deutschland länger als er. Dass Beck in Berlin als Bundesvorsitzender gescheitert ist, hat ihm keinesfalls geschadet, im Gegenteil. Zur anstehenden Landtagswahl scharen sich die Sozialdemokraten erneut hinter ihn.

In der laufenden Legislaturperiode, in der die SPD mit absoluter Mehrheit die Politik bestimmt, ist vieles schiefgelaufen. Die Nürburgring-Affäre mit dem Rücktritt des angesehenen Finanzministers Ingolf Deubel gilt als größte Krise in Becks Amtszeit. Er wird sie anscheinend ebenso schadlos überstehen wie andere, aktuell etwa die Personalienpanne von Justizminister Heinz Georg Bamberger, wenn man den Umfragen Glauben schenken darf. Nach wie vor liegt der Ministerpräsident in den Beliebheitswerten um Meilen vor CDU-Herausforderin Julia Klöckner. Die SPD hat außerdem deutlichen Vorsprung vor der Union. Eine Wechselstimmung ist derzeit nicht auszumachen.

Das mag zum einen am Chaos liegen, das die schwarz-gelbe Koalition in Berlin veranstaltet, hat aber durchaus auch landesspezifische Gründe. Das größte Plus der SPD hat Beck gerade beim Landesparteitag wieder ins Feld geführt: die Geschlossenheit. Während die Union mit sturköpfigen eigenen Abgeordneten wie dem Eifeler Michael Billen zankt und damit ihrem jahrzehntelangen "Hobby" frönt, dringt bei den Genossen kein Wort des Streits nach außen. Auch das ist ein Verdienst des Parteichefs Beck, dem ein kollegialer Führungsstil bescheinigt wird. Er hat zudem Minister aufgebaut, die sich nicht nur im Kollektiv der Regierung als teamfähig erweisen, sondern durchaus auch dereinst seine Nachfolge antreten können.

"König Kurt", wie er zu seinem Unwillen gerne tituliert wird, und mit ihm die SPD dürfen im Herbst 2010 davon ausgehen, an der Macht zu bleiben. Gewählt wird allerdings erst im Frühjahr 2011 Und es gab in der deutschen Geschichte schon Politiker, die von "Wundern" profitiert haben, man denke an Helmut Kohl mit der Einheit oder Gerhard Schröder mit dem Oder-Hochwasser.

f.giarra@volksfreund.de

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