Der Krieg naht

UN-Chefwaffeninspektor Hans Blix hat mit seinem detaillierten, für den Irak wenig erfreulichen Bericht die jeweiligen Erwartungen erfüllt: Die "Falken" in Washington sehen sich bestätigt, weil der Irak nicht vollständig den Verbleib seiner biologischen und chemischen Waffenbestände erklärt und somit nicht - so sieht es auch der Europäer Blix - so umfassend kooperiert hat, wie es die UN-Resolution 1441 ausdrücklich und "letztmalig" vorsieht.

Nun sind eigentlich nach der Lesart der Resolution "ernsthafte Konsequenzen" fällig, was nach der Rumsfeld-Definition Krieg bedeutet. Die Gegner einer härteren Gangart wollen hingegen in dem Bericht erwartungsgemäß keine größeren Sünden Saddam Husseins erkennen ­ und fordern mehr, viel mehr Zeit für die Kontrollen. Doch kann mehr Zeit allein tatsächlich einen Durchbruch in Richtung Frieden bringen? Oder ist es nur das Hinausschieben des Unvermeidbaren in der vagen Hoffnung, Amerika möge irgendwann das Interesse an einer Entwaffnung des Irak verlieren? Der Irak hat gestern bereits ­ trotz der zahlreichen Kritikpunkte von Blix ­ angekündigt, man könne und wolle nicht mehr tun, als man bereits getan habe. Ob eine neue zweite, noch schärfere Resolution den Diktator in Bagdad noch zu einem Sinneswandel und somit größerer Offenheit und Ehrlichkeit bewegen kann, ist unwahrscheinlich. Und das ist letztlich für die USA entscheidend - und nicht die Frage, wie oft irakische Beamte freundlich lächelnd den Kontrolleuren die Türen zu leergeräumten Zimmern öffnen. Die absehbare Verlängerung der Inspektionen deshalb als Erfolg der eigenen Politik zu verkaufen, wie es die deutsche Regierung nun praktiziert, soll jedoch lediglich über die Tatsache hinwegtäuschen, dass man mit der grundsätzlichen Absage an jegliches militärisches Druckmittel den Widerstand Bagdads noch ermuntert und immer noch die Antwort auf die Kernfrage verweigert: Was ist der Plan für die Zeit nach einer zweiten Kontrollrunde? Eine klare Antwort darauf dürfte heute hingegen US-Präsident Bush geben, wenn er sich an die Nation wendet. Zudem sollen ­ als Hilfsargument ­ weitere Beweise für die düsteren Absichten Bagdads vorgelegt werden. Die Zeichen stehen also auf Krieg. Und in letzter Minute abwenden können diesen weder die Europäer noch die Mitglieder des Weltsicherheitsrates oder die Inspektoren, sondern nach nunmehr elf Jahren des Taktierens und Täuschens nur ein Mann: Saddam Hussein. nachrichten.red@volksfreund.de

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