Der "Märtyrer" und sein Hund Adolf

BERLIN. Seine Schuldfähigkeit ist fraglich, doch Roland T., der immer wieder durch rechtsextreme Pöbeleien auffällt und dessen Hund Adolf die Pfote zum Hitlergruß hebt, wurde jetzt zu einer Bewährungsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Stoppen wird ihn das nicht.

Viele Zeitungen schrieben darüber, selbst im Ausland verfolgte man den Fall. Die Geschichte des Roland T. aus Schweinfurt passte offenbar zu schön ins Bild: Der 55-jährige Wahl-Berliner soll seinen Hund "Adolf" so dressiert haben, dass dieser mit der rechten Pfote den Hitlergruß macht. Darüber könnte man vielleicht noch lächeln, doch der Hintergrund ist ernst: Roland T. pöbelt gerne auf publikumsträchtigen Plätzen in Berlin herum, schimpft über Ausländer und schreit zuweilen "Heil Hitler!". Das hat ihm eine Verurteilung von 13 Monaten auf Bewährung eingetragen, gegen die er vergeblich protestierte: Am Mittwoch verwarf das Landgericht in Moabit seine Berufung und erhöhte die Bewährungsstrafe auf zwei Jahre. Der Fall hat noch eine weitere Dimension, und darauf scheint das deutsche Rechtssystem keine Rücksicht nehmen zu wollen: Roland T. ist ein kranker Mensch, dessen Schuldfähigkeit fraglich ist. Am 2. Juli 1995 ist er auf einem Bau so schwer verunglückt, dass er 23 Tage lang im Koma lag und nach langem Klinikaufenthalt mit einer "Persönlichkeitsveränderung" entlassen wurde. Vor der Strafkammer des Landgerichts Berlin ist das überdeutlich zu beobachten: Roland T. quasselt und schwadroniert ohne Unterlass, und es macht ihm sichtlich Spaß, sich auf einem staatlichen Forum inszenieren zu können. Richter Wolfgang Berger, ein erfahrener Jurist mit Engelsgeduld, lässt den Unruhestifter, der im Frack erschienen ist ("Den Zylinder habe ich vergessen") gewähren. Der Prozess zieht sich zäh dahin, obwohl der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Taten gar nicht ernsthaft bestreitet: Er hat im Jahr 2002 nach Aussagen mehrerer Zeugen auf Juden geschimpft und "Sieg Heil" gerufen, eine Polizistin beleidigt, öffentlich ein T-Shirt mit Hitlerbild getragen und den Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit verunglimpft.Urteil amüsiert den Angeklagten

Der berühmte Hund "Adolf", dem manche Presseorgane in der Berichterstattung zum ersten Prozess eine besondere Bedeutung zugedacht hatten, spielte bei der Berufungsverhandlung überhaupt keine Rolle. Und so kam es, dass sich sieben Staatsbedienstete (Richter, Staatsanwältin, Schriftführer, Wachtmeister, Bewährungshelfer) und der Rechtsbeistand des Angeklagten einen ganzen Vormittag lang mit einem Thema beschäftigten, das eigentlich unstrittig ist und lediglich Geld, Zeit und Nerven kostete. Auch die dringlichsten Bitten und Ermahnungen des Richters stießen auf das granitfeste Unverständnis des Roland T., der selbst auf konkrete Vorhaltungen, bei Tatwiederholung müsse er ins Gefängnis oder in die geschlossene Anstalt, nicht einsichtig reagierte. Im Gegenteil: Nach dem Urteil, das er eher amüsiert zur Kenntnis nahm, bekräftigte der Frührentner seine Absicht, auch weiterhin rechtswidrig agitieren zu wollen. Er müsse so handeln, um gegen "die Bestechungen der CSU" und die "Waffenlieferungen an die Juden" zu protestieren. Und wenn er dann eben ins Gefängnis komme, sei‘s drum: "Dann bin ich ein Märtyrer".

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