Der Meister der Monster

Trier · Er hat mit der Figur des Alien eines der bekanntesten Schreckgespenster Hollywoods erschaffen: Der Schweizer Künstler Hansruedi Giger war ein Meister des Monströsen. Er erlag am Montag den Verletzungen, die er sich bei einem Sturz zugezogen hatte.

Trier. Der Kinogänger in den 1970er Jahren war einiges gewohnt, denn das Spiel mit Gewalt und Angst auf der Leinwand war damals ein starkes Marktsegment. Was sich dann aber 1979 in Ridley Scotts Film "Alien" abspielt, schockte auch die Hartgesottenen. Plötzlich bricht aus der Brust des Astronauten Gilbert Ward Kane in einer Fontäne aus Fleisch und Blut ein Wurm hervor.
Dieser Wurm braucht nur eine Spielfilmlänge, um zu einem ausgewachsenen insektoiden Horror zu werden, dessen gesamte Existenz auf parasitäre Fortpflanzung und Auslöschung aller anderen Lebensformen ausgerichtet ist. In deutschen Kinos hieß der Streifen "Alien - das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt". Was natürlich stark daneben gegriffen war. Unheimlich war das Alien nicht, eher markerschütternd furchtbar.
In der klaustrophobischen Enge des Raumschiffs Nostromo holt sich das Monster, dessen bekannteste Charakteristika der lange gebogene Kopf und das doppelte (und ausfahrbare) messerscharfe Gebiss sind, nacheinander jeden der Astronauten, bis nur noch die junge Ellen Ripley übrig ist. Versuche, sich mit dem Alien zu verständigen, werden aufgrund absoluter Chancenlosigkeit noch nicht einmal in Erwägung gezogen. So passt auch der Name Alien perfekt, denn so fremd und unirdisch war noch nie eines der Monster aus Hollywood. Fünf Teile umfasst die Alien-Filmreihe bisher, der jüngste heißt Prometheus (2012), ebenfalls von Ridley Scott.
Für seine Alien-Gestalten bekam Hansruedi Giger, der als Künstler die Vornamenabkürzung H.R. bevorzugte, 1980 den Oscar in der Kategorie "Beste visuelle Effekte". Die US-Filmakademie würdigte damit den wesentlichen Beitrag, den die perfekt "biomechanisch" agierenden Weltraummonster zum Erfolg des Films leisteten.Kultfigur des Horrorfachs


Giger hatte damit großen Anteil am Durchbruch der Schauspielerin Sigourney Weaver - sie spielte Ellen Ripley. Zudem machten ihn seine Entwürfe für Poltergeist II von Brian Gibson (USA, 1986) und Roger Donaldsons Species (USA, 1995) zu einer Kultfigur des Science-Fiction- und Horror-Fachs.
Zum Werk des Schweizers, der 1940 im Alpenkanton Graubünden als Sohn einer Apothekerfamilie geboren wurde, gehören längst nicht nur Entwürfe für Kinomonster. Auch als Maler war Giger, der in Zürich Architektur und Industriedesign studiert hatte, ein bedeutender Vertreter des fantastischen Realismus. Er schuf bedrückend-düstere Landschaften, bizarre Kreaturen, aber auch exotisch-schöne Frauenfiguren. Mehrfach zeigte die Messe für Moderne Kunst "Art Basel" Werke des "Alien"-Designers, der sich selbst auch als Surrealist bezeichnete. Von den großen etablierten Kunstmuseen wurde er jedoch weitgehend ignoriert. So schuf sich Giger sein eigenes Denkmal: Er baute das Schloss St. Germain im mittelalterlichen Dörfchen Greyerz (La Gruyère im Kanton Freiburg) zu einem eigenen Museum um.
Seit 1998 stellte Giger dort bizarr-erotische Bilder und Plastiken aus — "Biomechanoiden", die das Mechanische im Lebendigen betonen. Dass sie mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben, war dem Fantasiebegabten stets klar: "Dieses Monster wurde vom Hirn eines Erdenmenschen erfunden und ist schon deshalb nicht sehr extraterrestrisch", sagte er 2005 bei der Eröffnung einer Ausstellung in Prag über seine Alien-Figur. In das Design habe er sehr viel Arbeit gesteckt: "Man sollte nicht erkennen, dass es in Wirklichkeit nur ein Mann in einem Anzug ist." Das habe auch weitgehend funktioniert. "Nur am Schluss sieht man das Monster ganz, das versaut die Sache."

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