Der öffentliche Mann

AnOliver Kahn haben sich schon Dutzende von Stürmern die Zähneausgebissen. Einem Zerberus gleich macht der deutscheNationaltorwart massenweise Torchancen zunichte. Und spätestensseit er das Team von Rudi Völler im vergangenen Sommer mit seinenGlanzparaden bis ins Endspiel der Weltmeisterschaft gegenBrasilien geführt hatte, ist er ein Volksheld. Doch nun steht er ganz schön deppert da. Nicht nur, dass er ein Verhältnis mit einer jüngeren Frau hat. Nein, es ist auch noch eine aus der berüchtigten Münchner Bussibussi-Szene. Doch was am schlimmsten ist: Ausgerechnet in diesen Tagen erwartet seine (Noch-)Ehefrau ihr zweites gemeinsames Kind. Starker Tobak! Entsprechend erregen sich die Deutschen über diesen miesen Typen, der offenbar nur an das eigene Vergnügen denkt. Tourt mit so einem Flintenweib durch die Gegend, statt zu Hause Händchen zu halten.

Ja, das ist Futter für ein Volk, das sich so gerne das Maul über andere zerreißt, ein gefundenes Fressen für die vielen Scheinheiligen, in deren eigenem Leben offenbar so wenig passiert, dass sie nur darauf warten, über andere tratschen zu können. Natürlich ist das Verhalten Kahns moralisch verwerflich und es ist richtig, dass über ihn als prominenten und damit öffentlichen Menschen und seine Affäre (seriös) berichtet wird. Aber über ihn zu richten, steht nur seiner Ehefrau zu - und nicht der Öffentlichkeit namens Hinz und Kunz.

Da erheben die Moralisten den Zeigefinger und verweisen auf die Vorbildfuntion eines Hochkaräters wie Kahn. Doch dessen Souveränität scheint eben nur auf den Fußballplatz beschränkt zu sein. Außerhalb seines Arbeitsplatzes, der auf den Torraum begrenzt ist, unterliegt auch er den Verlockungen des Lebens. Wie viele Spitzensportler vor ihm. Auch ein Fußballgott ist eben nur ein Mensch.

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