Der Rücktritt und die Reaktionen

Der Rücktritt von Hamburgs Ministerpräsident Ole von Beust ist in Berlin nicht ohne Reaktionen geblieben. Während sich die CDU gelassen gibt, frohlockt die SPD. Die Grünen, in Hamburg Koalitionspartner der CDU, sorgen sich.

Berlin/Hamburg. Roland Koch nahm die Sache sportlich. Die Medien hätten doch immer geschimpft, wenn Politiker zu lange an ihren Stühlen klebten, rief er den Journalisten gestern auf dem Weg zur CDU-Präsidiumssitzung zu. Nun könnten sie mal etwas anderes berichten.

Koch hatte im Mai seinen vorzeitigen Rückzug vom Amt des hessischen Ministerpräsidenten verkündet. Am Wochenende tat es ihm Ole von Beust in Hamburg gleich. Ende August will der smarte Hanseat den Chefposten der ersten schwarz-grünen Koalition auf Landesebene aufgeben. Und auch er tat gestern so, als sei das die normalste Sache der Welt. "Jeder ist im Land ersetzbar", befand von Beust und verschwand im Konrad-Adenauer-Haus. Dort war sich dann die Führung einig, keine Diskussion über den Führungsstil von Angela Merkel aufkommen zu lassen. Richtig sei zwar, dass man in den zurückliegenden zwölf Monaten gleich ein halbes Dutzend Ministerpräsidenten verloren habe. Davon seien aber zwei befördert (Günter Oettinger und Christian Wulff) und zwei schlicht abgewählt worden (Dieter Althaus und Jürgen Rüttgers). Und zumindest bei Ole von Beust sei die Absicht, vorzeitig zu privatisieren, schon länger klar gewesen, machte man sich in der Runde Mut.

Vor Sitzungsbeginn hatte das noch etwas anders geklungen. Da beklagte Präsidiumsmitglied Philipp Mißfelder, dass sich gute Leute, die man in der CDU-Spitze dringend brauche, lieber anderswo engagierten als in der Partei. "Ich wünsche mir, dass auch dort etwas mehr Teamgeist herrscht, als das momentan der Fall ist", so Missfelder weiter. Denn "in der Summe entsteht der Eindruck eines Erosionsprozesses", den man auf jeden Fall vermeiden müsse. In der Sitzung selbst schwieg Mißfelder dann allerdings zu diesem Thema, wie Teilnehmer vermerkten. Am Ende ließen sich CDU-Chefin Merkel und von Beust nur für ein kurzes gemeinsames Statement blicken. Sie bedauerte seinen Rückzug und wünschte ihm "alles Gute". Er bekundete, "beruflich noch mal was anderes machen" zu wollen. Das war's.

Für die SPD war die Rückzugsserie in der Union gestern dagegen eine Steilvorlage. Die Landesregierungschefs hätten ihre "Verantwortung reihenweise an der Garderobe abgegeben", meinte Generalsekretärin Andrea Nahles genüsslich. Sie sei gespannt, wie Merkel den "Auflösungserscheinungen" in ihren Reihen entgegenwirken wolle. Bei den Grünen liegen die Dinge derweil etwas komplizierter. Schließlich sitzt man ja in Hamburg mit am Kabinettstisch. Anders als bei den Genossen forderte dann auch keiner ihrer Spitzenfunktionäre Neuwahlen an der Elbe. Dafür sprach aus Grünen-Chefin Claudia Roth die Sorge, dass es dort mit der eigenen Regierungsherrlichkeit bald zu Ende sein könnte. "Ole von Beust hat gesagt, er steht als Person hinter einer modernen schwarz-grünen Politik." Nun schmeiße er hin, was "absolut unverständlich" sei.

Durch den gemeinsam verlorenen Volksentscheid über die Schulreform dürfte das schwarz-grüne Regieren in Hamburg zusätzlich erschwert werden. Aus Merkels Sicht bröckelt da nicht nur das eigene Personal, sondern eine neue Machtperspektive. Am morgigen Mittwoch wird sie sich garantiert dazu erklären müssen. Die Kanzlerin hat sich noch einmal in der Bundespressekonferenz angesagt, bevor sie am Wochenende in den Sommerurlaub entschwindet.

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