Der Rutschhang und der Streit ums Spezialgutachten

Mainz · Das Spezialgutachten zum Bau der Hochmoselbrücke kostet 70 000 Euro und soll um Ostern vorliegen. Dann darf der mit einem Maulkorb belegte Leiter des Landesamtes für Geologie, Harald Ehses, wieder öffentlich reden.

Wirtschaftsministerin Eveline Lemke tut sich am Donnerstag im Wirtschaftsausschuss des Landtags lange schwer mit einer Forderung von CDU-Fraktionsvize Christian Baldauf. Der Christdemokrat fragt, "warum eine neutrale Landesbehörde, die Regierung und Parlament berät, plötzlich nicht mehr reden darf". Baldauf verlangt, dass Harald Ehses im Ausschuss geladen wird.
Ehses ist jener kritische Experte, der in einem Vermerk an die Ministerin im August 2013 vor Hangrutschen gewarnt und die Standfestigkeit der Betonpfeiler für die 160 Meter hohe und 1,7 Kilometer lange Brücke auch im Dezember öffentlich in einem Volksfreund-Interview angezweifelt hatte. Dabei hatte Ehses gesagt, er könne nicht bewerten, ob der Brückenbau ein zu großes Risiko darstelle, und das Spezialgutachten gefordert. Woraufhin das für das Landesamt Geologie und Bergbau zuständige Wirtschaftsministerium ihn zum Schweigen verdammte.

Lemke sagt gestern im Ausschuss zunächst, es sei "völlig absurd, dass Herr Ehses öffentlich nicht mehr kommunizieren würde". Die Grüne betont, bei diesem wichtigen Projekt herrsche völlige Transparenz. "Alle Infos sind schon im Internet hochgeladen worden." Ihr Ministerium und das federführende Infrastrukturministerium arbeiteten eng zusammen. "Es gibt ein Miteinander und kein Gegeneinander."

Christian Baldaufs Forderung bügelt die Ministerin zunächst mit diesem Hinweis ab: "Wenn ich hier Auskunft erteile, erhalten Sie das von der höchsten Stelle. Damit können Sie doch zufrieden sein." Erst als der CDU-Politiker beharrlich nachhakt und die Transparenz bezweifelt, gibt Lemke nach. Sie schätze Ehses, seine Forderungen seien umgesetzt. "Er wird sich äußern, wenn das Gutachten vorliegt. Derzeit sehe ich keine Notwendigkeit." Bei diesem Gutachten, bei dem der Verlauf von Sickerwasser im Boden untersucht wird, handelt es sich laut Innen-Staatssekretärin Heike Raab (SPD) nur um eine ergänzende Expertise, die "zur weiteren Vertiefung der Erkenntnisse dient". Inzwischen gebe es 180 Bohrungen, teils bis zu 70 Meter Tiefe, und es seien zehn besondere Grundwassermesseinheiten installiert. Ferner werde der Hang satellitentechnisch überwacht.

Ein Experte des Landesbetriebs Mobilität (LBM) ergänzt, die Hydrogeologie (Wissenschaft vom Wasser in der Erdkruste) sei bereits "grundlegend aufgearbeitet", was aufgrund der Statik notwendig gewesen sei.
Laut Raab ist es "allgemeine Überzeugung, dass das Baugrundrisiko beherrschbar ist". Die Standsicherheit der Brücke könne gewährleistet werden. Das habe das bundesweit anerkannte Fachbüro Arcadis bestätigt.

Nach Angaben von Innen- und Wirtschaftsministerium wird infolge des Gutachtens nicht mit baulichen Verzögerungen gerechnet. Ebenso wenig mit finanziellen Risiken für den Landeshaushalt. Bauträger sei der Bund, der bezahle. Die CDU kritisiert, der Brückenbau sei nicht komplett durchdacht. Das Gutachten hätte längst vorliegen müssen. Christian Baldauf: "Man sollte erst grübeln und dann dübeln."

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