Der sanfte Riese aus der Eifel

Wenn Patrick Schnieder spazieren geht, erregt er automatisch Aufsehen. Denn der Mann mit dem Gardemaß von 2,02 Metern überragt die meisten Zeitgenossen.

Man sieht den "Eifelturm", wie ihn CDU-Chefin Julia Klöckner gerne nennt, schon von weitem. Allerdings käme Schnieder wohl nie auf die Idee, sich als herausgehoben zu betrachten. Er wirkt eher wie ein sanfter Riese.
Geboren in Kyllburg und aufgewachsen in Birresborn im Vulkaneifelkreis, sitzt Schnieder seit 2009 im Bundestag. Dort kümmert er sich um die Themen Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Im fernen Berlin ist er einer von vielen, einer von 620 Abgeordneten. In Rheinland-Pfalz hingegen bekleidet der Trierer CDU-Bezirkschef nun ein herausgehobenes Amt. Als Generalsekretär ist er die rechte Hand der Parteivorsitzenden Julia Klöckner, mit der er sich prächtig versteht.
Wie meistert jemand das ständige Pendeln zwischen der Heimat, der Bundes- und der Landeshauptstadt? Schnieder liefert eine erstaunliche Antwort: "Früher als Bürgermeister von Arzfeld habe ich mehr Stress empfunden." Damals habe er ständig, auch abends und an den Wochenenden, Termine wie Ehrungen, Feiern oder Ratssitzungen wahrnehmen müssen. "Jetzt ist das alles viel kompakter." An 20 bis 22 Sitzungswochen im Jahr sei er in Berlin, den Rest woanders. "Und freitags ist Berlin erledigt."
Stressfrei verläuft das Leben des "Eifelturms" allerdings nicht. Bei der Frage, wann er zuletzt Urlaub gemacht hat, muss der 43-Jährige erst einmal nachdenken. "Fronleichnam war ich vier Tage in Rom. Ansonsten einige Tage mit meiner Frau Andrea in Berlin." Und dann blitzt der Schalk auf, der ihm mitunter im Nacken sitzt: "Es steht ja auch nirgendwo geschrieben, dass ein Bundestagsabgeordneter Anspruch auf Urlaub hat."
Zu Hause steht zwar ein Flügel, der aber nur noch selten bewegt wird. "Ab und zu helfe ich an der Kirchenorgel aus", erzählt der Jurist. Die Politik nimmt ihn voll in Anspruch. Und so leitet er im Gespräch flugs über zu seinem Amt als CDU-General: "Da muss man die Klaviatur insgesamt bedienen. Es ist auch meine Aufgabe, Positionen zuzuspitzen."
Zur Attacke auf Rot-Grün bläst Schnieder seit November regelmäßig in Pressemitteilungen. Bissig geißelt er die Positionen der Landesregierung, etwa das Aus für Investitionen in den Straßenneubau. Aber er wirkt auch stark nach innen, indem er zum Beispiel jede Woche den Sitzungen des Fraktionsvorstands oder der Landtagsfraktion in Mainz beiwohnt. Hinzu kommen etliche Besuche bei CDU-Ortsvereinen. "Ich möchte gerne viele Themen diskutieren, viele Meinungen hören und alle Facetten beleuchten", erläutert Schnieder.
Der Name seines einstigen politischen Ziehvaters und heutigen Rivalen Michael Billen fällt in dem Gespräch mit ihm kein einziges Mal. Dabei ist es kein Geheimnis, dass sich die beiden alles andere als grün sind und sich ihre Wege ständig kreuzen. Böse Zungen behaupten, Schnieder wäre nur Generalsekretär geworden, um ihn vor dem in der Eifel mächtigen Billen zu schützen. Der Landwirt könnte versuchen, ihm 2013 die Kandidatur zum Bundestag zu vermiesen.
Schnieder lässt an seinen Ambitionen keinen Zweifel aufkommen: "Ich bin gerne Bundestagsabgeordneter und möchte das auch bleiben." Der sanfte Riese, der schon bei mehreren Marathons Ausdauer bewiesen hat, kann also durchaus die Zähne zeigen. Eine Eigenschaft, die er als CDU-General brauchen wird.
Frank Giarra

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