Der tägliche Nahkampf auf deutschen Straßen

Auf deutschen Straßen tobt ein täglicher Nahkampf: Es wird geschimpft, geflucht, geschnitten und gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen. Fahrradfahrer und Autofahrer geraten immer häufiger aneinander.

 Alltag auf Deutschlands Straßen: Fahrrad kontra Auto. Verkehrswidriges Verhalten kann auch Radfahrer teuer zu stehen kommen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Alltag auf Deutschlands Straßen: Fahrrad kontra Auto. Verkehrswidriges Verhalten kann auch Radfahrer teuer zu stehen kommen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Berlin. Für Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sind die Radfahrer alles andere als Unschuldslämmer - der Minister liest ihnen jetzt die Leviten. "Es darf sich unter den Fahrradfahrern keine Ich-darf-das-Mentalität einschleichen. Der Begriff der Kampfradler macht bereits die Runde", warnt Ramsauer im Gespräch mit unserer Zeitung. Er fordert die Länder auf, endlich härter gegen Rowdys durchzugreifen.

In Deutschland gibt es grob geschätzt etwa 70 Millionen Fahrräder. Allein 2009 kamen vier Millionen neue Räder hinzu. Radfahren liegt also voll im Trend, und seit Sprit so teuer geworden ist, steigen viele erst recht auf den Drahtesel um. Zugleich wächst die Verkehrsdichte auf den deutschen Straßen - jedes Jahr gibt es über 450 Tote und 70 000 Verletzte bei Unfällen nur mit dem Fahrrad.

Die Ursachen dafür sind vielfältig: schlechte Radwege, Schlaglöcher, unachtsame Autofahrer, leichtsinnige Radler. Aber viele haben auch ein gespanntes Verhältnis zu Ampeln und Verkehrszeichen, Einbahnstraßen und Fußgängerzonen.

Laut einer aktuellen Umfrage der Sachverständigenorganisation Dekra unter 1600 Autofahrern, von denen fast alle angaben, selbst zwischendurch in die Pedale zu treten, beklagten sich drei von vier Befragten, dass sich Radfahrer häufig über die Verkehrsregeln hinwegsetzen würden. 44 Prozent der Befragten gaben an, sie brächten Fußgänger in Gefahr. Aber: Jeder zweite Befragte (56 Prozent) warf auch den Autofahrern vor, zu wenig Rücksicht zu nehmen.

"Diese Ergebnisse sind erschütternd", so Ramsauer. "Offensichtlich müssen viele lernen, dass sie nicht die Robin Hoods der Straße sind. Ich erwarte von allen Verkehrsteilnehmern, dass sie sich an die Regeln halten und das Gebot der Rücksichtnahme im Straßenverkehr beherzigen." Ramsauer vermutet, dass den Rad-Rowdys nicht bewusst ist, dass sie bestraft werden, wenn sie sich über die Regeln hinwegsetzen. Mit ihrem Verhalten sammeln sie sogar Punkte in Flensburg und bringen ihren Führerschein in Gefahr.

Besonders folgenreich können Fahrten unter Alkoholeinfluss werden. Auch wenn es keine speziell definierten Promillegrenzen für Radfahrer gibt, bei "Alkohol am Lenker" greifen die grundsätzlich für Autofahrer geltenden Werte, und die beginnen bereits bei 0,3 Promille, sollte es zu einem Unfall kommen. Darüber hinaus gibt es einen Bußgeldkatalog, der bei fünf Euro zum Beispiel für freihändiges Fahren beginnt.

Die besonders beliebte Missachtung des Rotlichts kostet 45 Euro und kann sich im Falle eines Unfalls auf bis zu 180 Euro steigern. Wer entgegen der Fahrtrichtung oder falsch in einer Einbahnstraße fährt, muss mit bis zu 30 Euro Strafe rechnen. Und wer ohne Licht radelt, dem drohen bis zu 35 Euro.

An eine Verschärfung des Bußgeldkatalogs denkt Ramsauer allerdings nicht, um auf den Straßen wieder für mehr Ordnung zu sorgen. Er sieht schlichtweg ein Kontrolldefizit von Fahrradfahrern: "Die Länder fordere ich auf, die Einhaltung der Regeln auch durch Fahrradfahrer streng zu kontrollieren", lautet das Fazit des Ministers.

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