Internationale Politik Der Unberechenbarkeitsfaktor

Brüssel · In Brüssel hegen die Diplomaten dieser Tage eine große Befürchtung. Dass nämlich Trump bei seinem Treffen mit Putin seinen Segen zur Annexion der Ukraine gibt.

 Putin (links) und Trump vor exakt acht Monaten beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft in Vietnam.

Putin (links) und Trump vor exakt acht Monaten beim Gipfel der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft in Vietnam.

Foto: dpa/Jorge Silva

Offiziell wiegeln alle ab. Es sei durchaus zu begrüßen, dass US-Präsident Donald Trump das direkte Gespräch mit Russlands Präsident Wladimir Putin sucht. So äußern sich Brüsseler Diplomaten, wenn sie auf das Treffen der beiden angesprochen werden, das wenige Tage nach dem Nato-Gipfel am  Montag in Helsinki stattfinden soll. Es wird darauf hingewiesen, dass auch andere Staats- und Regierungschefs aus dem Bündnis Putin getroffen haben. Sogar nicht einmal auf neutralem Boden, wie jetzt, hört man in Anspielung auf das Treffen der Bundeskanzlerin. Angela Merkel hatte Putin im russischen Schwarzmeer-Urlaubsort Sotschi getroffen. Beim Nato-Gipfel, so die Hoffnung der Europäer, werde man etwa beim Abendessen schon Gelegenheit haben, die aus Sicht der Europäer drängenden Themen des Gesprächs klarzumachen: Russlands Unterstützung für Syriens Machthaber Assad sowie die Nervengiftattacken in Salisbury und die Einmischung Moskaus in Wahlkämpfe durch Fake-News und Propaganda. Man sei erleichtert bei der Nato, dass Trump immerhin die Reihenfolge einhalte und zunächst zum Treffen des Verteidigungsbündnisses kommt  und erst danach mit Putin spricht.

Doch so sinnvoll es ist, wenn die beiden Führer miteinander sprechen: Es gibt Risiken. Trump ist unberechenbar, er löst sich zunehmend vom Rat, den ihm der Beamten-Apparat im Weißen Haus gibt. Außerdem könnte der Präsident versucht sein, eine Trophäe mit nach Hause zu bringen, die sein Verhandlungsgeschick symbolisiert. Für die Europäer sieht das Horrorszenario so aus: Trump gibt  Putin seinen Segen für die Besetzung der Krim durch russische Truppen im Jahr 2014 und kann dafür irgendein Entgegenkommen Putins mit nach Hause nehmen. Bezeichnenderweise hat Trumps Sicherheitsberater John Bolton dies vor einigen Tagen nicht explizit ausgeschlossen. Wenn es wirklich so käme, würde Trump nicht nur den groben Verstoß Moskaus gegen die europäische Friedensordnung nachträglich sanktionieren.

Er würde zudem seinen europäischen Alliierten in den Rücken fallen und größte Sorgen über den Bestand der Nato auslösen.

Die Hoffnung ist eher, dass auch Trump klar sein sollte, was er mit einem derartigen Vorpreschen für einen Schaden in der Nato anrichten würde. Tatsache ist, dass Trump seine Verbal-Attacken gegen die Nato aus der Zeit des US-Wahlkampfes, wo er das Bündnis als „überflüssig“ bezeichnet hatte, eingestellt hatte. Er hat seinen Zorn in Europa stattdessen eher gegen Deutschland gerichtet, vor allem was die Importe der deutschen Industrie angeht.

Und es ging auch eher gegen Deutschland und andere Mitgliedsländer und eben nicht gegen die Nato an sich, wenn er das mangelnde finanzielle Engagement im Bündnis anprangerte.

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