"Der Weg für das Konjunkturpaket ist frei"

In den Ländern, deren Regierungen auch Parteien angehören, die im Bundestag in der Opposition sitzen, wurde gestern noch heftig um das Konjunkturpaket der Großen Koalition gepokert. Nach einem Vorstoß von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), die Bedenken der FDP bei der heutigen entscheidenden Sitzung des Bundesrats mit einem Entschließungsantrag abzufangen, gilt eine Mehrheit für das 50 Milliarden-Investitions- und Steuersenkungsprogramm in der Länderkammer als wahrscheinlich. Am Abend sagte der Koordinator der unionsregierten Länder, Baden-Württembergs Bundesratsminister Wolfgang Reinhart (CDU): "Die Koordinationen haben ergeben, dass der Weg für das Konjunkturpaket jetzt frei ist."

Berlin. CDU und SPD kommen in den Ländern, in denen sie allein oder miteinander regieren, auf 30 Bundesrats-Stimmen. 35 sind aber notwendig. Nachdem das rot-grün regierte Bremen schon früh g Zustimmung zum Konjunkturpaket signalisiert hatte (drei Stimmen), musste noch mindestens eines der Länder, in denen die FDP mitregiert (F-Länder), gewonnen werden. Denn in Berlin hatte die Linkspartei eine Enthaltung durchgesetzt - ein Umstand, den der scheidende Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gestern selbst als "peinlich" bezeichnete, weil das Konjunkturgeld in der Stadt schon verplant wird. Das schwarz-grüne Hamburg hatte ebenfalls Enthaltung angekündigt - die Grünen kritisieren dort die Abwrack-Prämie, die Teil des Pakets ist. Alle Bemühungen konzentrierten sich deshalb auf die F-Länder Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (zusammen 29 Stimmen).

Die FDP hatte stets bemängelt, dass die Bürger steuerlich zu wenig entlastet würden. Doch Nachverhandlungen hierüber seien mit der SPD zwecklos gewesen. Den Genossen gehen schon die vorgesehenen Steuerentlastungen, etwa die Senkung des Eingangssteuersatzes auf 14 Prozent, zu weit. Die FDP drohte mit einer Verzögerung durch eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Wulffs Ausweg, den er mit seinen liberalen Partnern in Hannover ausarbeitete, ist ein Entschließungsantrag, der die FDP-Forderungen aufnimmt. So soll sich die Länderkammer dafür aussprechen, "zeitnah eine strukturelle Reform des Einkommenssteuerrechts" in Angriff zu nehmen, "die die Bürger spürbar entlastet".

Der Text fand Anklang. Einige CDU/FDP-regierte Länder hätten Zustimmung signalisiert, andere wünschten noch hier und da kleine Änderungen, berichtete Niedersachsens Landesbevollmächtigter Wolfgang Gibowski gestern. Die FDP wollte jedoch sichergestellt wissen, dass der Entschließungsantrag, über den erst nach dem Konjunkturpaket abgestimmt wird, auch tatsächlich eine Mehrheit findet. Dazu braucht sie neben den Stimmen aller fünf F-Länder auch das Saarland und Thüringen, in denen die Union allein regiert. Mit beiden liefen gestern Verhandlungen. Die Liberalen wollen, wenn sie das Konjunkturpaket schon passieren lassen, wenigstens erreichen, dass die Union, ihr Wunschpartner für die nächste Legislaturperiode, sich auf massive Steuersenkungen verpflichtet. Auf die Frage, was die FDP von diesem unverbindlichen Entschließungsantrag habe, meinte Gibowski: "Nun, man sieht sich im Leben immer zweimal." Vielleicht in einer gemeinsamen Bundesregierung.

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