Der zerknirschte Regierungs-Chef und seine Schrammen

Ein gescheitertes Finanzmodell mit offenbar windigen "Investoren", das der Rechnungshof und der Staatsanwalt prüfen, und ein gestolperter Minister: Das Mega-Projekt "Nürburgring 2009" nimmt skandalöse Züge an.

Mainz. Der eine wirkt erleichtert, der andere zerknirscht: Als am Dienstag Finanzminister Ingolf Deubel und Ministerpräsident Kurt Beck (beide SPD) in der Staatskanzlei den schweren Gang vor die Presse antreten, um unrühmliche Botschaften zu verkünden, drücken ihre Mienen eine verkehrte Welt aus. Denn nicht Deubel guckt betreten, sondern der Regierungschef.

Viele Fragezeichen bleiben



Noch am Wochenende hat Kurt Beck beim Rheinland-Pfalz-Tag in Bad Kreuznach vor Tausenden Menschen gestrahlt. Obwohl er da schon gewusst hat, dass eine politische Bombe explodieren wird. Die Entscheidung fällt am Montagabend in kleiner Runde in der Staatskanzlei. Beck hat zuvor verfügt, dass bis Freitag und damit vor der Eröffnung des neuen Freizeit- und Geschäftszentrums an der Eifel-Rennstrecke das Geld der Investoren für den Verkauf der neuen Ring-Immobilien geflossen sein muss. Aber es ist kein Geld da - obwohl Minister Deubel vor drei Wochen verkündet hat, die Finanzierung sei gesichert. Seinerzeit hat Beck ihm den Rücken gestärkt, wenn auch eher halbherzig mit Verweis auf die Verfassung, die jedem Ressortchef die Verantwortung für seinen Bereich zuschreibe. Nun steht fest: Deubel muss die "politische Verantwortung" übernehmen und zurücktreten, das komplizierte Finanzmodell wird gestoppt. Dass auch er selbst Schrammen davonträgt, ist dem Ministerpräsidenten durchaus klar. "Wir stehen gemeinsam in der Verantwortung. Ein Rücktritt ist kein schönes Zeichen für den Regierungschef", räumt Beck ein.

Zahlreiche mit dem Mega-Projekt verbundene Fragezeichen bleiben. Zunächst diese: Warum soll die Nürburgring GmbH auf Geheiß der Landesregierung die Staatsanwaltschaft um die Prüfung des geplatzten Geschäfts bitten? Sind die Investoren, allen voran der Schweizer Kaufmann Urs Barandun, der als Kreditvermittler fungierte, doch dubioser als bislang eingeräumt?

Immerhin gesteht Deubel, die vorübergehende U-Haft Baranduns Ende 2008 in Dubai sei bekannt gewesen. Und er sagt, das Geld für den Immobilien-Kauf sei zwar unterwegs, doch die "Werthaltigkeit der Schecks" sei zweifelhaft.

Der mit Vollgas an der Rennstrecke gescheiterte Finanzminister sagt eher beiläufig auch etwas, was aufhorchen lässt: Es sei klar, dass es bei diesem Millionen-Projekt "wirtschaftlich durchaus eng ist". Kurt Beck hat dies offenbar nicht gehört - oder will es nicht hören. Denn er stellt unverdrossen heraus, trotz "allem Ärger und mancher Enttäuschung" sei "Nürburgring 2009" ein zentrales Zukunftsprojekt der Landesregierung, von dessen Erfolg er weiter überzeugt sei. Die Nebenwirkungen der gigantischen Wirtschaftsförderung in der Eifel werden erst bei genauerem Hinhören deutlich: 185 Millionen Euro nimmt die Nürburgring GmbH als Kredit auf - abgesichert vom Land und damit vom Steuerzahler. Für 80 Millionen Euro kommt die RIM GmbH auf, eine Tochter der Investitions- und Strukturbank - auch hier sitzt der Steuerzahler im Boot. Schließlich gibt es noch zwei Gesellschafterdarlehen des Landes für die Nürburgring GmbH über insgesamt zehn Millionen Euro - wieder haftet der Steuerzahler. Angesichts dessen dürfte die Landesregierung erleichtert registrieren, dass ihr zumindest eine Peinlichkeit erspart bleibt: Formel-1-Boss Bernie Ecclestone hat nach seinen Hitler-Äußerungen seine Teilnahme an der Eröffnungsfeier des Freizeitzentrums abgesagt. -pf./dr

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Seiten 4 und 5

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