Deutsche Garantie für griechische Sparbücher?

Brüssel · Die Währungsunion ist wieder einmal knapp einer Katastrophe entgangen. Nun diskutieren die EU-Finanzminister an diesem Wochenende in Luxemburg, wie die Eurozone mittelfristig auf stabilere Füße gestellt werden kann.

 Sparguthaben bis 100 000 Euro sind im Fall einer Bankpleite garantiert. Foto: dpa

Sparguthaben bis 100 000 Euro sind im Fall einer Bankpleite garantiert. Foto: dpa

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Brüssel. Rechtzeitig zu diesem Termin hat EU-Kommissions chef Jean-Claude Juncker die Debatte über einen der heikelsten Punkte wieder neu angefacht - ein europäisches System zur Einlagensicherung. In der Theorie gibt es keinen Handlungsbedarf: Sparguthaben bis 100 000 Euro sind im Falle einer Bankpleite europaweit garantiert, seit eine entsprechende EU-Richtlinie Anfang Juli in Kraft getreten ist. Sie bildet einen Pfeiler der neuen Bankunion mit gemeinsamer Aufsicht wie Abwicklungsbehörde und hat die Standards der entsprechenden nationalen Sicherungssysteme vereinheitlicht. Über zehn Jahre hinweg müssen die Banken der jeweiligen Länder einen Notfallfonds auffüllen, bis er 0,8 Prozent aller gesicherten Einlagen eines Landes umfasst.
Mit Verweis auf die Ereignisse in Griechenland, wo die Menschen im Sommer ihr Erspartes vom Bankautomat holten, weil sie eben nicht auf die Garantie ihres Staates vertrauten, hat Juncker gerade in seiner Rede zur Lage der EU nun aber doch einen neuen Anlauf für ein gemeinschaftliches Modell genommen. "Wir haben heute Sicherungssysteme, aber sie sind allesamt national", so der Luxemburger, "was wir brauchen, ist ein europäischeres System, das nicht am Portemonnaie der einzelnen Staaten hängt, damit sich die Bürgerinnen und Bürger hundertprozentig darauf verlassen können, dass ihre Ersparnisse sicher sind."
Unterstützung erhält er dabei vom SPD-Europaabgeordneten Peter Simon aus Mannheim, der die vorangegangene Gesetzesnovelle federführend verantwortet hat: "Die neuen Regeln haben den Bankrun in Griechenland leider nicht verhindern können", sagt er, "wir müssen da noch etwas tun."
Im Bundesfinanzministerium wird das ganz anders gesehen, weil die jüngste Reform ihre volle Wirkung noch gar nicht entfaltet habe. "Es ist wichtig, das erst einmal umzusetzen und aufzubauen", sagte eine Sprecherin kurz nach Junckers Rede, "eine darüber hinausgehende Einlagensicherung lehnen wir ab." Der deutsche Sparkassenverband hat erst recht kein Interesse daran, dass die Rücklagen seiner Mitgliedsbanken für den Krisenfall in einen europäischen Topf fließen und allen Instituten in Europa als Notnagel dienen, weil das auch in Deutschland Misstrauen bei Bankkunden erzeugen könne. "In einer - wie auch immer gearteten - Verbindung, der letztlich alle Kreditinstitute in der EU angehören, wird die Haftung minimiert - und damit auch das Vertrauen", heißt es in einem Positionspapier des Verbandes. "45 Prozent der Deutschen geben an, dass eine Vergemeinschaftung der Sicherungssysteme ihr Vertrauen vermindern würde."
Finanzminister Wolfgang Schäuble, der das Ansinnen schon einmal verhinderte, dürfte sich am Samstag jedoch einer großen Zahl von Befürwortern eines gemeinsamen EU-Systems gegenübersehen. Das Vorhaben findet sich nämlich auch in einem gemeinsamen Papier aller EU-Spitzen vom Juni. Speziell die Europäische Zentralbank macht Druck in dieser Frage, um unter anderem mit den drei gut ausgebauten deutschen Sicherungssystemen der Sparkassen, der Volksbanken und der Privatbanken mehr Stabilität ins Finanzsystem zu bekommen. "Unglücklich", heißt es in EZB-Kreisen, sei es zudem, wenn künftig die europäische Abwicklungsbehörde im Pleitefall ein nationales Einlagensicherungssystem aktivieren müsse. Um die Kritiker in Deutschland vielleicht doch noch milde zu stimmen, wird in der EU-Kommission betont, dass es nicht um einen gemeinsamen Geldtopf geht, in dem alle bisherigen Sicherungsfonds aufgehen sollen. Juncker will vielmehr eine "Rückversicherung". In diesem Fall würden die Garantiefonds in den anderen EU-Staaten erhalten, aber anteilig angezapft, um jene Summen zu finanzieren, die beispielsweise das portugiesische System nicht stemmen kann. "Wenn dies beispielsweise in Gestalt zurückzuzahlender Kredite geschähe", meint der SPD-Mann Simon, "müsste das gut zu verkraften sein." Eine Stabilisierung der Eurozone sei ja nicht zuletzt in Deutschlands Interesse.
Bedenken macht der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold geltend. Für ihn macht eine europäische Einlagensicherung nur dann Sinn, wenn sie nach Bankenart unterscheiden würde: "Das ist nur akzeptabel, wenn sichergestellt ist, dass die konservativ wirtschaftenden Kleinen nicht die spekulierenden Großen subventionieren."

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