Deutsche Rüstungsexporte auf neuem Rekordhoch

Berlin · Deutsche Waffen in alle Welt. Nach dem gestern veröffentlichten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung gab es im vergangenen Jahr einen neuen Rekord bei den Ausfuhrgenehmigungen für Panzer, Munition, Maschinengewehre und anderes Kriegesgerät. Die Opposition sprach von einem "gefährlichen Trend".

Berlin. Der zuständige Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) ging gestern auf Tauchstation und überließ seinem Staatssekretär das Feld der Kommunikation.
Eigentlich wollte Gabriel die eher traurige Bilanz persönlich präsentieren. Doch dann dämmerte den Öffentlichkeitsarbeitern in seinem Ressort, dass es sich weitestgehend um eine schwarz-gelbe Altlast handelt, die den neuen Hausherrn nur in schlechtes Licht rücken kann. Die große Koalition ist ja erst seit Dezember im Amt. Also schickte man Gabriels Staatssekretär Stefan Kapferer an die Medienfront, um die Zahlen zu erklären. Er ist gewissermaßen selbst eine Altlast, denn Kapferer hatte schon unter Gabriels Vorgänger Philipp Rössler (FDP) gedient. Davon ließ sich der Ministerialbeamte allerdings wenig anmerken. Stattdessen verwies Kapferer immer wieder auf Äußerungen seines neuen Chefs, der eine Art Zeitenwende bei den Rüstungsexporten ausgerufen hatte. Restriktiver soll es künftig zugehen. Und transparenter. So war es schon vor Wochen von Gabriel zu hören.Mehr Kleinwaffen


Die aktuellen Daten bleiben jedenfalls alarmierend. So genehmigte der zuständige Bundessicherheitsrat - ein geheim tagendes Gremium, dem neben der Bundeskanzlerin sieben Minister angehören - im vergangenen Jahr Waffengeschäfte im Umfang von 5,8 Milliarden Euro. Das waren 24 Prozent oder 1,14 Milliarden Euro mehr als 2012. Diese Größenordnung ist laut Kapferer zuletzt im Jahr 2008 erreicht worden. Dabei durften deutsche Unternehmen im vergangnen Jahr allein rund 43 Prozent mehr Kleinwaffen exportieren. Darunter fallen Pistolen, Maschinengewehre, aber auch tragbare Raketenwerfer, die praktisch in jedem Gefecht Anwendung finden können. Der Wert der tatsächlich gelieferten Waffen ging im Vergleichzeitraum zwar um 13 Millionen auf 933 Millionen Euro zurück. Doch wie schon bei den erwähnten Ausfuhrgenehmigungen, die in der Praxis auch noch Jahre später in die Tat umgesetzt werden können, erhöhte sich auch hier der Anteil der sogenannten Drittstaaten. Das sind Länder, die weder in der EU noch in der Nato sind. Ungefähr jeweils zwei Drittel der genehmigten sowie tatsächlich vollzogenen Exporte entfielen auf Drittländer. Allen voran Algerien, das 2013 Lieferungen von Geländewagen, Panzerhaubitzen, Feuerleiteinrichtungen und anderem Material im Umfang von knapp 826 Millionen Euro genehmigt bekam.Immer ein Einzelfall


Saudi-Arabien, dessen Menschenrechtslage hoch umstritten ist und dass sich vor drei Jahren an der gewaltsamen Niederschlagung von Volksprotesten in Bahrein beteiligt hatte, rangiert immerhin an vierter Stelle der wichtigsten Bestimmungsländer. Seit 2013 kann das Königreich beispielsweise mit der Lieferung deutscher Hubschrauber, Panzerhaubitzen und gepanzerter Fahrzeuge rechnen. Umfang der Rüstungsaufträge: 361 Millionen Euro. Nach den seit Jahren unveränderten Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung darf die Ausfuhr von Kriegswaffen nicht genehmigt werden, "wenn hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression (...) oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschrechtsverletzungen missbraucht werden". Dafür spiele "die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle". Offenbar hat die schwarz-gelbe Vorgängerregierung derlei Bestimmungen großzügig ausgelegt. Zumindest im Falle Saudi-Arabien deutete Kapferer gestern härtere Bandagen an. Gabriel hatte bereits im Februar erklärt, dass das Land zwar wie gewünscht deutsche Patrouillenboote zur Grenzüberwachung erhalte. Denn damit lasse sich die eigene Bevölkerung nicht unterdrücken.
Dies sei aber "ein völlig anderer Fall, als Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern", so Gabriel damals. Im Vorwort zur jüngsten Bilanz erteilte der SPD-Politiker den Rüstungsexporten deshalb auch keine generelle Absage. Entscheidend sei vielmehr der "Einzelfall".

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