Deutschland will neuen Präsidenten unterstützen

Berlin · Gabriel für Investitionsfonds - Merkel fordert Reformen.

Berlin Die Bundesregierung hat dem künftigen französischen Präsidenten Emmanuel Macron Unterstützung bei dessen Wirtschaftspolitik versprochen. Nur in welcher Form, das ist in der großen Koalition umstritten.

Der Zufall wollte es, dass Außenminister Sigmar Gabriel am Tag eins nach dem Wahlsieg von Macron ein selbst verfasstes Buch in Berlin vorstellte. Unter dem Titel "Neuvermessungen" beschreibt der Vizekanzler und Ex-SPD-Chef darin die Probleme und Herausforderungen für Europa. Deutschland müsse mehr in Europa investieren, zeigte sich Gabriel überzeugt. Und es müsse "alles tun, dass Macron Erfolg hat". Konkret schlug er einen deutsch-französischen Investitionsfonds vor.
Zugleich gab Gabriel zu bedenken, dass Frankreich im afrikanischen Mali auch europäische Interessen verteidige, es aber Paris "nicht gestattet" sei, die Kosten der Militäraktion auf sein Haushaltsdefizit anzurechnen. Das war als Seitenhieb gegen die europäische Finanzpolitik von Kassenwart Wolfgang Schäuble (CDU) zu verstehen. Das Bundesfinanzministerium distanzierte sich auch postwendend von der Fonds-Idee. Das sei eine "Initiative des Außenministers".

Dagegen pflichtete der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz seinem Parteifreund Gabriel bei: Vor allem Berlin sei gefordert, meinte Schulz gestern vor Wirtschaftsvertretern in Berlin. Europa brauche nun eine gemeinsame Anstrengung für Investitionen in Forschung, Entwicklung und In frastruktur. Aber auch die EU selbst benötige einen "kräftigen Innovationsschub". Man müsse "weg von der Taktik des Durchwurstelns" und der ergebnislosen EU-Gipfel.

Dagegen ließ die Bundeskanzlerin erkennen, dass Frankreich sich in erster Linie selbst helfen muss: "Deutsche Unterstützung kann französische Politik natürlich auch nicht ersetzen", so Angela Merkel (CDU). Am Ende werde gefragt, "wie sieht es aus mit der Arbeitslosigkeit, wie sieht es aus mit der Wirtschaftskraft", meinte die Kanzlerin. Obendrein stellte Regierungssprecher Steffen Seibert klar, dass man sogenannte Eurobonds weiterhin ablehne. Für solche Anleihen hatte sich Macron schon mehrfach ausgesprochen.

Frankreich steckt in einer tiefen Krise. Die Arbeitslosenquote liegt bei über zehn Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit sogar bei 24 Prozent. Das Wachstum bleibt deutlich hinter dem der Euro-Zone zurück, und die Staatsschulden sind auf 96 Prozent der Wirtschaftskraft gestiegen. Macron hatte dazu auch eigene Reformen angekündigt. So sollen Firmen mehr Spielraum bei der Entlohnung und der Arbeitszeit bekommen. Auch die Unternehmenssteuern sollen sinken und die Sozialabgaben ebenfalls.

Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, warnte deshalb schon vor einer Vertiefung der sozialen Spaltung in Europa. Es sei "zu befürchten, dass der Kurs von Macron - Sozialkürzungen, Einschränkungen von Rechten der Beschäftigten, mehr Freihandel - am Ende die soziale Verunsicherung noch verschärft", meinte Kipping. Der Chef der Europäischen Linken, Gregor Gysi, schlug in die gleich Kerbe: Macron habe "eine neoliberale Politik angekündigt, die entschieden bekämpft werden muss, um weiteren Sozialabbau in Frankreich und ganz Europa zu stoppen."

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