Dickes Geld für dünne Leistung

TRIER. Millionen-Gehälter, Prämien, Aktienoptionen oder Abfindungen in Schwindel erregender Höhe: Deutsche Spitzenmanager verdienen in kürzester Zeit soviel, wie Otto-Normalverdiener nicht in hunderten Jahren verdienen kann. Da stellt sich die Frage,ob die "Spitzenkräfte" ihr Geld auch wirklich wert sind.

Die Kritik an den hohen Einkommen von Managern ist kein rein deutsches Thema. In den USA sind die "Spitzenlöhne" der Topmanager längst in die Kritik der Anleger gekommen - und nach den jüngsten Bilanzskandalen (Enron, WorldCom, Tyco) sollen neue Gesetze auch die Möglichkeiten zur Selbstbedienung einschränken. Mit so genannten Aktienoptionen belohnen Konzerne ihre Topleute in den USA wie in Deutschland. So erhalten Führungskräfte die Möglichkeit, Aktienoptionen des eigenen Unternehmens zu einem festgelegten Preis zu erwerben und nach einer Frist und bei einer entsprechenden Kursentwicklung dann einzulösen. Der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann kann so in gut einem Jahr rund 57 000 Optionen kassieren, die er für 2002 bekommen hat. Liegt der Kurs über 47,53 Euro lohnt sich der Deal. Bei einem aktuellen Wert über 74 Euro brächte dies Ackermann sogar ein zusätzliches Einkommen von weit über einer Million Euro. An einem Tag fünf Millionen verdient

GPuma-Chef Jochen Zeitz hat schon Kasse gemacht: Im September tauschte er Optionsscheine gegen Puma-Aktien im Preis von knapp 25 Euo ein und verkaufte sie auch gleich wieder zum Tageskurs von rund 100 Euro. Sein Gewinn: 5,1 Millionen Euro. Doch erfolgreichen Managern wie Jochen Zeitz, der Puma zu einem ungeahnten Höhenflug verholfen hat, neiden Anleger, Mitarbeiter und Wirtschafts-Experten weder Erfolg noch Entlohnung. Auch Günter Ogger, Wirtschafts-Experte und Buchautor, zieht eine harte Grenze: "Wer ein Unternehmen erfolgreich führt und Arbeitsplätze schafft, verdient auch eine ordentliche Entlohnung. Doch bei den meisten Konzernen werden Manager auch noch für katastrophale Fehlleistungen mit Millionen belohnt. Man könnte beispielsweise glauben, DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp hat Chrysler nur gekauft, damit er und seine Manager auch die hohen US-Gehälter bekommen." Damit die Führungskräfte des Autokonzerns große Kasse machen können, müssten sie nichts Besonderes leisten. Über einen Zeitraum von zehn Jahren muss sich das DaimerChrysler-Papier nur auf "Sparbuch-Niveau" von rund zwei Prozent entwickeln, damit die Manager ihr Zusatzsalär einstreichen können. Wie viel die Manager der Dax-Unternehmen als Grundgehalt bekommen, ist in den meisten Fällen noch das Geheimnis der Konzerne. Es gibt nur eine freiwillige Selbstverpflichtung, die Spitzengehälter den Aktionären auszuweisen - den so genannten Corporate Governance Kodex der Cromme-Kommission. Der Essener RWE-Konzern hat dies jüngst getan. Die vier Vorstands-Chefs bekommen demnach zusammen 7,485 Millionen Euro, Vorstands-Chef Harry Roels hat im vergangenen Jahr 2,475 Millionen Euro verdient plus Aktienoptionen und eine beim Amtsantritt gezahlte Summe von 1,5 Millionen Euro. Zu hohe Manager-Gehälter haben ihre Ursache nach Ansicht vieler Kritiker in der Schwäche der Aufsichtsräte. Günter Ogger sieht in dieser Entwicklung eine große Gefahr für die Wirtschaft. "Das Management streicht schon bei geringsten Erfolgen unverhältnismäßig hohe Prämien ein." Ein Skandal sei dabei, dass die Aufsichtsräte dieses Spiel mitmachen. "Wenn beispielsweise wie im Fall Esser der ehemalige Metall-Gewerkschafts-Chef Klaus Zwickel solche Gehälter-Orgien absegnet, ist das der Ruin der Mitbestimmung." In den USA hat man Lehren aus den Skandalen gezogen: Die Bilanzierungsregeln werden geändert. Danach müssen Aktienoptionen auch in den Bilanzen berücksichtigt werden. Dies wird den Gewinn erheblich sinken lassen. Da auch die meisten Dax-Unternehmen nach US-Regeln bilanzieren, wird dann das Modell Aktienoptionen auch hierzulande uninteressant. Doch in den Konzernen werden schon neue Formen der Entlohnung entwickelt: Statt Aktienoptionen werden dann gleich Aktien verteilt. Experten fordern ein Ende der Selbstbedienungs-Mentalität. "Der Gesetzgeber muss klare Spielregeln formulieren. Fehlverhalten von Managern muss härter bestraft werden", sagt Günter Ogger. Die Hoffnung auf eine freiwillige Selbstbegrenzung oder einen Ehrenkodex haben Kleinaktionäre, Schutzverbände und Kritiker längst aufgegeben. Deswegen ist für Ogger klar: "Der Staat muss den Selbstbedienungsladen schließen."

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