Die bizarren Rituale bei der Bundeswehr

Trier · Rohe Leber essen, Kampftrinken mit Gasmaske, brennender Docht im Hintern: Bei der Bundeswehr geht es manchmal wenig zimperlich zu. Diese fragwürdigen Rituale, meist mit Neulingen in Uniform und zum Scherz betrieben, lässt Verteidigungsminister zu Guttenberg nun untersuchen. Auch die Jahresberichte der Wehrbeauftragten legen für Außenstehende seltsam anmutende Traditionen, aber auch Aktionen offen, die strafbar und menschenverachtend sind.

(dpa/oht) Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat Ermittler auf die Spur geschickt, die entwürdigendes Verhalten bei der Bundeswehr aufspüren sollen. Anlass sind Beschwerden von Soldaten, von denen einige auch im aktuellen Jahresbericht des Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), wiedergegeben werden - wenngleich Königshaus nicht annimmt, dass kritikwürdige Rituale über die Jahre nicht zugenommen haben und er von "Einzelfällen" spricht.

Der aktuelle Bericht und frühere Aussagen von Wehrbeauftragten sowie Gerichtsverfahren belegen, welche bizarren Traditionen und seltsamen Aktionen es bei der Bundeswehr gibt und gegeben hat.

"Bauchmuskelübung": Im Bericht 2010 des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP), heißt es, ein Stabsunteroffizier habe Rekruten angewiesen, sich rücklings in den Schnee auf dem Kasernenhof zu legen. Eine weitere Gruppe Soldaten musste über die Liegenden laufen - so lange, bis keiner mehr vor Schmerzen schrie oder stöhnte. Der Unteroffizier wurde nach Beschwerden darüber entlassen.

"Fuxtext". Neulinge in der Edelweiß-Kaserne in Mittenwald müssen rohe Schweineleber essen und Alkohol bis zum Erbrechen trinken. Soldaten berichten dem Wehrbeauftragten später von ähnlichen Praktiken in weiteren Kasernen.

Weinprobe: Ein Stabsunteroffizier fordert einen Rekruten auf, in eine Weinflasche zu pinkeln. Als dieser sich weigert, uriniert er selbst in die Flasche, füllt sie mit Wein auf und gibt sie einem ahnungslosen Rekruten.

Totenschädel: Eine Gruppe von Gebirgsjägern aus Mittenwald posiert 2006 in Afghanistan mit einem Totenschädel und Knochen toter Zivilisten. Für ein Foto öffnet ein Soldat dabei seine Hose und hält den Schädel vor den Genitalbereich.

Dattel: Im saarländischen Zweibrücken legen Unteroffiziere im September 2005 einen Mann über ein Podest, klemmen ihm eine Dattel zwischen die nackten Pobacken und schlagen mehrfach mit einem Paddel darauf. Der Ex-Kompaniechef, ein Hauptmann, wird deswegen angeklagt, aber im September 2010 freigesprochen.

Rasur: Zwei Betrunkene schmieren 2005 einen Soldaten mit Rasierschaum ein, fesseln und knebeln ihn und lassen ihn niederknien. Dann ohrfeigen sie ihr Opfer und zwingen den Mann zu sagen: "Bitte hör auf, Meister".

"Verhör": Um das Verhalten bei Geiselnahmen zu trainieren, werden Rekruten 2004 im westfälischen Coesfeld gefesselt, getreten, geschlagen und mit Stromstößen traktiert.

Video: Auf dem Truppenübungsplatz Hammelburg (Bayern) drehen Gebirgsjäger 1996 ein Video mit Hinrichtungs- und Vergewaltigungsszenen. Ein Soldat zeigt den Hitlergruß. 1998 stellt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein.

"Jukebox": Soldaten werden auf dem Gang in ihre Spinde eingesperrt. Sie müssen bestimmte Lieder singen, während der Spind umgekippt wird.

Gasmaskensaufen: Soldaten mit ABC-Montur (Poncho, Gasmaske) werden unter die Dusche gestellt. Mit einem Alkoholmix gefüllte Feldflaschen werden auf die Gasmasken geschraubt, die Rekruten müssen um die Wette trinken, ein Mann hält dabei jeweils den Kopf des Opfers nach hinten.

"Feuertanz": Dem Rekruten an Bord eines Marineschiffs wird ein Docht in den Hintern gesteckt und angezündet. Durch Wackeln muss der Soldat sich des brennenden Dochts entledigen.

"Kielholen": Soldaten müssen an einem Seil angebunden unter dem Rumpf des Schiffs hindurchtauchen.

Äquatortaufe: Hat auf Schiffen wie der Gorch Fock Tradition. Täuflinge werden mit Fett eingeschmiert, sie müssen Alkohol trinken und eklige Dinge essen. Andere berichten, dass sie durch einen glitschigen Tunnel kriechen mussten und dabei geschlagen wurden. Am Schluss traten sie vor "Neptun", der sie taufte.

"Rotarsch-Ritual": Eine Bohnermaschine mit elektrisch betriebener Borstenscheibe wird in Betrieb gesetzt und dem Rekruten an den nackten Hintern gehalten, bis dass dieser rot ist.

"Aufnahme in den Kreis der Erlauchten": Soldaten müssen mit Küchenabfall gefüllte, große Zwiebeln essen, auch wenn sie sich dabei übergeben. Die Aufnahmeprüfung endet mit einem Schlag auf den Hintern.

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