Die Börsen fahren Achterbahn

Trier · Der Trierer Wirtschaftswissenschaftler Prof. Marc Rieger sieht derzeit eine Überreaktion an den internationalen Finanzmärkten. Er rät Kleinanlegern, die Ruhe zu bewahren. Staaten wie die USA oder Italien würden in den kommenden Jahren sicher nicht pleitegehen.

Trier. Die US-Verschuldung und die Eurokrise haben gestern an den weltweiten Börsen für reichlich Chaos gesorgt. Der Dax fiel im Zickzackkurs zwischenzeitlich auf ein Elf-Monats-Tief.
Der Trierer BWL-Professor für Bank- und Finanzwirtschaft, Marc Rieger, spricht nach diesem Börsentag von einer deutlichen Überreaktion der Märkte. "Wir haben Probleme, die chronischer Natur sind. Die Überschuldung der Staaten - und in Deutschland die zunehmende Überalterung der Bevölkerung. Diese Probleme sind uns seit Monaten und Jahren bekannt." Es gebe keinen Grund, jetzt so akut darauf zu reagieren. Es gebe keine neuen Nachrichten, die eine solche Reaktion auslösen müssten.

Was sollen Kleinanleger in einer solchen Lage tun?
"Vor allem gelassen bleiben! Wer jetzt seinen Aktien mit niedrigem Kurswert verkauft und dafür sich teures Gold ins Depot legt, verliert höchstwahrscheinlich." Hier sollen Verbraucher etwas langfristiger planen und vor allem das Ersparte auf mehrere Anlageformen verteilen, um so das Risiko zu verteilen. "Häufig kaufen Kleinanleger, wenn alle Welt über eine Aktie spricht, und verkaufen ihre Anteile, wenn die große Angst umgeht." Mit einem solchen Verhalten könne man eigentlich nur verlieren.

Müssen die Menschen damit rechnen, dass nun Staaten pleitegehen und die Weltwirtschaft zusammenbricht?
"Ich bin gerne so mutig und lege mich fest: Weder die USA noch Italien werden in den nächsten Jahren zahlungsunfähig werden", sagt Marc Rieger. Griechenland werde wohl nicht all seine Schulden zurückzahlen können. Andere Staaten - Spanien, Italien, die USA - müssten ihre Sparziele rigoros einhalten.

Ist China der Gewinner der Krise?
Chinas Situation sei nicht einfach, sagt Rieger. Die chinesische Regierung könnte ja noch von der Krise der USA und der EU profitieren, weil es ihre Position in der Welt stärke. Doch China profitiert laut Rieger am meisten von einer florierenden Weltwirtschaft. Zudem steht China mit seinen großen Dollarreserven finanziell unter Druck und verliert ebenfalls Tag für Tag Milliarden.

Und wo geht die Entwicklung in den kommenden Tagen und Wochen hin?
"Das würde man im Moment am besten einen Psychologie-Professor fragen", sagt Rieger. Denn derzeit seien die Märkte vor allem von Psychologie geprägt, die Angst treibe die Anleger aus den Aktien. Wichtig sei es, wenn die Politik die Märkte beruhigen könne. "Fürs Erste wird die Achterbahnfahrt an den Börsen aber wohl weitergehen." Wo die Fahrt genau hingehe, könne niemand verlässlich sagen. Marc Rieger (36) ist Professor für Bank- und Finanzwirtschaft im Fachbereich IV (BWL) an der Uni Trier. Rieger ist verheiratet und hat ein Kind. hw

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