Die Ergebnisse des Brüsseler Euro-Treffens

Die Staats- und Regierungschefs des Euro-Gebiets haben sich nach langem Tauziehen gestern in Brüssel auf ein Maßnahmenpaket zur Abwehr der Schuldenkrise geeinigt. Im Folgenden die wichtigsten Punkte des Kompromisses:

Neues Griechenland-Paket: Griechenland wird ein neues Hilfspaket von 100 Milliarden Euro bekommen. Es soll bis Jahresende endgültig ausverhandelt sein. Im Juli hatten die Regierungen der Euro-Länder ursprünglich 109 Milliarden Euro öffentliche Hilfe beschlossen. Diese war aber nie abschließend auf den Weg gebracht worden. Nun kommen allerdings zusätzliche Garantien in Höhe von 30 Milliarden Euro als Beitrag des öffentlichen Sektors für den Schuldenschnitt hinzu.
Schuldenschnitt: Die Privatgläubiger wie Banken und Versicherungen werden stärker am neuen Griechenland-Paket beteiligt als bisher angenommen. Bereits im Juli hatte die Euro-Zone beschlossen, die Privatgläubiger mit einem freiwilligen Abschlag auf griechische Staatsanleihen von 21 Prozent ins Boot zu holen. Nun sind es 50 Prozent.
Rettungsfonds EFSF: Die Schlagkraft des Rettungsfonds EFSF wird mit einem sogenannten Hebel auf eine Billion Euro vervielfacht. Derzeit kann der Fonds 440 Milliarden Euro Kredite vergeben. Der EFSF wird nun teilweise das Risiko eines Zahlungsausfalls für Schuldtitel gefährdeter Euro-Staaten übernehmen. Er bietet quasi eine Art Teilkaskoversicherung, wenn Schuldenstaaten neue Anleihen ausgeben. Zudem soll ein neuer Sondertopf geschaffen werden, an dem sich der Internationale Währungsfonds IWF beteiligt. Dieser Fonds investiert in Anleihen, die der EFSF ebenfalls absichert. Dabei könnten ausländische Investoren wie Staatsfonds aus China mitmachen.
Mehr Kapital für Banken: Die führenden Banken Europas müssen sich gut 106 Milliarden Euro frisches Kapital besorgen. Nur so kann die Branche nach Berechnungen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) den Schuldenerlass verkraften. Deutsche Banken brauchen frisches Kernkapital von 5,18 Milliarden Euro.
Stärkere Aufsicht: Die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der 17 Euro-Staaten wird stärker beaufsichtigt. Zweimal im Jahr wird es Gipfeltreffen geben, um Strategien festzulegen. Die Gipfel sollen auf Dauer einen eigenen Chef bekommen. Zunächst nimmt der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy das Amt wahr.Extra

Erleichterung in Berlin: Die Bundesregierung zeigt sich mit den Ergebnissen in Brüssel äußerst zufrieden. Bei dem "schwierigen Gipfel" habe die Kanzlerin eine von allen Seiten anerkannte führende Rolle eingenommen, lobte die Regierung sich selbst. In den Chor der Lobgesänge auf Angela Merkel wollte die Opposition nicht gänzlich einstimmen. Grünen-Chef Cem Özdemir sagte: "Wir sind noch nicht ganz zu Ende mit der Arbeit." Und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hielt der Kanzlerin "späte Erkenntnisse" vor, die aber "besser als keine" seien. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, die Entscheidungen seien ein Durchbruch in der Bewältigung der Krise und ein großer Erfolg für die Bundeskanzlerin. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sprach von richtigen Signalen. Harte Vorwürfe kamen von den Kritikern des Euro-Kurses innerhalb der Koalition: "Das Gipfelergebnis ist ein Desaster für Griechenland und den europäischen Steuerzahler", meinte FDP-Abweichler Frank Schäffler. Links-Fraktionschef Gregor Gysi bemängelte, die Banken würden mit den Gipfelbeschlüssen "sogar noch verdienen". Angela Merkel dürfte solche Kritik allerdings kaltlassen: Sie steht bei der Euro-Rettung eindeutig als Gewinnerin da. has

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