"Die Familienverhältnisse sind stabil"

Das Jugendamt und die Gesetzgebung, auf deren Grundlage es arbeitet, ist darauf ausgerichtet, Kindern und Jugendlichen zu helfen. "Den Strafgedanken gibt es nicht", sagt Dorothee Wassermann, die Vize-Chefin des Jugendamts Trier.

Trier. (jp) Wassermann macht deutlich, dass das Jugendamt auf gar keinen Fall die Rolle einer Hilfsstaatsanwaltschaft für Straftäter unter 14 übernehmen kann und will. "Unsere Grundlage ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz, das Sozialgesetzbuch acht", sagt sie im Gespräch mit dem TV. Damit gemeint ist ein vom Bundestag 1990 verabschiedetes Paket von gesetzlichen Regelungen, die die Kinder- und Jugendhilfe betreffen.

Die Konstrukteure dieses Gesetzespakets hatten keine 13-jährigen Schläger im Sinn. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz dreht sich um Jugendschutz, Inobhutnahme, die Sicherstellung von Kindern und Jugendlichen zustehenden Leistungen. Und so haben alle jetzt beschlossenen Maßnahmen, die den 13-Jährigen Angreifer aus Trier-West betreffen, das Primärziel, diesem zu helfen.

"Alle Maßnahmen sind in Zusammenarbeit und mit dem Einverständnis der Mutter beschlossen worden", betont Dorothee Wassermann. "Die Familienverhältnisse sind stabil und absolut nicht auffällig, auch wenn der Junge in der Tat als Rabauke gilt, der manchmal Gewalt anwendet."

Deshalb gebe es auch keinen Zweifel, dass der 13-Jährige bei seiner Mutter und seinen vier Geschwistern bleiben wird. "Die Trennung von der Familie kommt nur infrage, wenn das Wohl des Kindes gefährdet ist." Das sei hier nicht der Fall.

Das Jugendamt hat mehrere Schritte veranlasst. "Wir werden dem Jungen eine pädagogische Einzelbetreuung zur Seite stellen", sagt Wassermann. "Der Erzieher wird ihn für einen bestimmten Zeitraum jeden Tag vier Stunden lang begleiten." Was in diesen vier Stunden geschieht, ist offen: Gespräche, gemeinsame Aktionen, auch Ausflüge sind möglich.

Zusätzlich werde der 13-Jährige nach den Sommerferien in eine Lernhilfegruppe eingegliedert. Ein Auto-Aggressions-Training wird angesetzt. "Denn das Gewaltpotenzial ist eindeutig da", betont die stellvertretende Leiterin des Trierer Jugendamts. Auch eine stationäre Behandlung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wird folgen. Wann genau, steht noch nicht fest.

Wie viele Kinder, die noch nicht strafmündig sind, tun Dinge, die sie mit dem Gesetz in Konflikt bringen würden, wenn sie denn alt genug wären? "Nicht ganz 18 Prozent der Unter-18-Jährigen, die strafrechtlich auffallen, sind noch strafunmündig", sagt Wassermann. "Das sind aber bei Weitem nicht alles Gewalttaten. Da ist auch der geklaute Lippenstift dabei." Eine offizielle Statistik dazu gibt es nicht, nur eine Strichliste, die die Vize-Chefin des Jugendamts im Oktober 2009 begonnen hat.

In Trier entsteht zurzeit in der alten Gneisenaukaserne nach Kaiserslautern, Mainz und Ludwigshafen das landesweit vierte Haus des Jugendrechts, es soll im Sommer 2011 fertig werden. Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendamt, Jugendgerichtshilfe und freie Träger der Jugendpflege sollen Fälle schnell, effizient und über die Behördengrenzen hinaus bearbeiten und die Reaktionszeiten wesentlich verkürzen.

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