Die Fortsetzung einer Eiszeit

Ein frostiges Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat die verhärteten Fronten im Siedlungsstreit gezeigt.

Washington. Gute Freunde - wie Bundeskanzlerin Angela Merkel - empfängt US-Präsident Barack Obama gewöhnlich im Weißen Haus auf dem Sofa, neben dem fotogenen Kamin. Dann klicken die Kameras, und Reporter dürfen die eine oder andere Frage rufen. Doch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gilt nicht mehr als guter Freund. Keine Fotografen für den Händedruck, kein Pressegespräch, keine Zeremonie im Rosengarten nach dem Treffen am Dienstagabend - stattdessen lediglich eine wortkarge Verlautbarung zur Dauer der Unterhaltungen. Für die "Eiszeit" zwischen beiden Politikern bedurfte es angesichts dieser protokollarischen Magerkost keiner weiteren Beweise mehr.

Die starre Position Israels beim brisanten Thema des Siedlungsbaus in Jerusalem erwies sich dann auch als erneuter "Klima-Killer" in den Beziehungen, die der schwersten Krise seit Jahrzehnten ausgesetzt ist. Die Gespräche seien "positiv" verlaufen, ließ die israelische Delegation durchblicken - ein Indiz dafür, dass Netanjahu so gut wie keine Zugeständnisse machte. Erschwert wird eine Annäherung durch das Beharren beider Seiten auf ihren Standpunkten. Netanjahu, von Obama zunächst 90 Minuten und dann - nach einer Beratungspause - noch einmal 35 Minuten ins Gebet genommen, hatte Berichten zufolge dem US-Präsidenten sogar die Pistole auf die Brust gesetzt und mit einem einjährigen Aussetzen der Friedensverhandlungen gedroht, wenn Washington am Widerstand gegen den Siedlungsbau im Osten Jerusalems festhalte. Zudem kam Minuten vor dem Treffen im Weißen Haus die Meldung, die Stadtverwaltung von Jerusalem habe den Bau von 20 neuen Wohungen für jüdische Bürger im Ostteil der Stadt genehmigt - wobei gestern unklar war, welchen Einfluss diese Nachricht auf die Gespräche hatte.

Graben zwischen Regierung und Volksvertretern



Ermuntert dürfte sich Ne-tanjahu durch den vorausgegangenen Empfang auf dem Kapitol gefühlt haben, der deutlich machte, dass es einen Graben zwischen der offiziellen Israel-Politik des Weißen Hauses und der Stimmung unter Amerikas Volksvertretern gibt. Während sich Barack Obama weiter in Distanz übt, hatten Parlamentarier beider Parteien keine Probleme damit, den Gast aus Israel mit Freundschaftsbeteuerungen zu überschütten.

Doch der Hardliner Netanjahu betätigt sich weiter als Spielverderber. Netanjahus Kernargument, an dem sich das Weiße Haus derzeit die Zähne ausbeißt: Jerusalem sei keine "Siedlung", sondern die Hauptstadt Israels - und gebaut werde dort seit Jahrhunderten. Nach diesen Sätzen war bereits klar: Freunde würden Obama und sein Gast so schnell trotz aller Bemühungen um Schadensbegrenzung nicht werden.

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