Die Fratze des Terrors

Der Terror hält die Welt in Atem: Wie ein dunkler Schatten liegt die Gefahr neuer, schwerer Anschläge über dem Jahreswechsel - glaubt man jenen in der US-Regierung, die seit Weihnachten die zweithöchste Warnstufe für die amerikanische Bevölkerung ausgerufen haben.

Ob diese Warnung tatsächlich konkreten Erkenntnissen über neue Aktivitäten der El-Kaida-Organisation oder im Wesentlichen dem Kalkül entspringt, mit einem rechtzeitigen wie vorsorglichen Alarm - sollte es tatsächlich zu einer folgenreichen Attacke kommen - sich politisch den Rücken freigehalten zu haben, kann der auf offizielle Verlautbarungen angewiesene Bürger nicht beurteilen. Doch eines ist unbestreitbar: Die hässliche Fratze des Terrorismus hat auch mehr als zwei Jahre nach den Ereignissen des 11. September 2001 ihre Schreckenswirkung noch nicht verloren, wie nun auch Anschlagsmeldungen aus Italien und Saudi-Arabien oder zeigen. Dass die Warnungen kurz nach der Festnahme Saddam Husseins ausgesprochen werden, mag auf den ersten Blick als purer Zufall erscheinen. Bis heute fehlt jedes schlüssige Indiz für die vor Kriegsbeginn so beliebte Behauptung, auch die Verbindungen des irakischen Regimes zur weltweiten Terrorszene würden einen gewaltsamen Wechsel in Bagdad rechtfertigen - und damit auch die USA sicherer machen. Dieser Beweis ist jedoch noch zu führen. Derzeit lässt sich aber durchaus argumentieren, dass mittlerweile die düstere Prognose des deutschen Außenministers Joschka Fischer eingetreten ist: Fischer hatte bekanntlich im Frühjahr immer wieder die Befürchtung geäußert, ein Präventivkrieg gegen das Regime in Bagdad werde den Irak erst recht zum Magneten für Extremisten aus aller Welt machen - und auch El Kaida neuen Zulauf und Motivation bescheren. Noch immer befindet sich zudem Osama bin Laden - der angebliche Planer der Anschläge des 11. September und nun auch für einen Angriff auf den Vatikan - auf freiem Fuß. Ein Umstand, der ebenfalls gegen die verführerische Schlussfolgerung spricht, im Kampf gegen den Terror seien erhebliche Fortschritte gemacht worden. Sicherlich: das Einlenken deslibyischen Staatschefs und notorischen Terror-Förderers Gaddafi und seine Bereitschaft zur Selbstabrüstung sind ein wichtiger Schritt nach vorn. Doch die Liste der ungelösten Problembereiche bleibt lang: Noch ist völlig unklar, ob und wie schnell eine Stabilisierung des Irak gelingt - und ob damit auch verhindert werden kann, dass das von einem Tyrannen befreite Land zu einem zweiten Afghanistan wird. Nordkorea bleibt weiter einer der wichtigsten Waffenlieferanten für totalitäre Regime - und möglicherweise auch für gutbetuchte Extremistenführer. Bei Ländern wie dem Iran, Syrien oder dem Libanon ist immer noch nicht klar zu erkennen, dass sich diese der Förderung des Terrorismus tatsächlich entsagen. Wollen die USA hier wirkliche Fortschritte erzielen, werden sie auch 2004 die breite Hilfe einer internationalen Gemeinschaft benötigen, die längst erkannt haben sollte: Die radikalen Islamisten und ihr weltweiter blutiger Kampf gegen die "Ungläubigen" sind nicht nur für Washington eine Bedrohung. nachrichten.red@volksfreund.de

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