Die geschürte Angst

Das, was wir derzeit mit der Schweinegrippe erleben, ist die Ausbreitung einer weltweiten Pandemie. Die rasante Verbreitung des Virus zeigt, dass sich Epidemien trotz aller Schutzmaßnahmen nicht eindämmen lassen.

Das Virus reist im Flugzeug um die ganze Welt, die mittlerweile nicht nur virtuell, sondern auch ganz real vernetzt ist. Die Schweinegrippe ist nicht mehr zu stoppen.

Trotzdem besteht kein Grund zur Panik. Zwar verbreitet sich das H1N1-Virus quasi in Echtzeit, derzeit vor allem bedingt durch die Urlaubszeit oder besser durch eine bestimmte Art, Urlaub zu machen. Beim Feiern am Ballermann oder in den Großraumdiscos im spanischen Lloret de Mar findet das Virus einen idealen Nährboden. Das heißt aber nicht, dass es generell gefährlich ist, in Spanien Urlaub zu machen. Auch besteht kein Grund, seine gebuchte Reise abzusagen. Bislang ist nicht bekannt, dass beim Sonnenbaden in Italien, beim Erholen an der Nordsee oder beim Bergwandern in den Alpen ein Infektionsrisiko besteht.

Sonderlich gefährlich scheint H1N1 momentan noch nicht zu sein. Die meisten der Infizierten erholen sich schnell, nur die wenigsten von ihnen brauchen noch das als Wundermittel gegen die (mittlerweile längst wieder vergessene) Vogel- und Schweinegrippe gepriesene Tamiflu. In Luxemburg hat man die neue Grippe mittlerweile als ganz normale, "banale" Grippe eingestuft. Das ist auch gut so. Unnötige Aufgeregtheit, für die hier bei uns einige selbst ernannte Experten mit Horrorszenarien sorgen, ist fehl am Platz. Das Risiko, von der Leiter zu fallen oder in einen Autounfall verwickelt zu werden, ist derzeit ungleich größer, als ernsthaft an der Schweinegrippe zu erkranken.

Warum also die offenbar geschürte Angst? Obwohl die Deutschen nachweislich Impfmuffel sind, wollen sich plötzlich fast alle gegen die Schweinegrippe impfen lassen. Dabei gibt es noch gar keinen Impfstoff und es ist nicht nachgewiesen, dass die Impfung wirksam vor dem Virus schützt.

Aus Angst vor Ansteckung wären viele sogar bereit, vorsorglich Tamiflu zu schlucken. Was nicht nur unsinnig ist, sondern auch gefährlich. An allem verdient die Pharma-Industrie, die die antiviralen Medikamente und Impfungen anbietet. Der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline rechnet bis Ende des Jahres mit einem Milliarden-Verdienst durch die Schweinegrippe. Der Tamiflu-Umsatz beim Schweizer Hersteller Roche hat sich in diesem Jahr bereits verdreifacht. Die Konzerne verdienen an der Angst und daran, dass sich kein Staat vorwerfen lassen will, nicht alles getan zu haben, um die Bürger vor der Schweinegrippe zu schützen. Dass es ungeachtet dessen weiterhin andere, weitaus gefährlichere Infektionskrankheiten gibt, gerät dadurch völlig in Vergessenheit.

b.wientjes@volksfreund.de



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