"Die große Koalition ist sehr lahm"

BERLIN. Vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen am Freitag in Stuttgart fordert FDP-Generalsekretär Dirk Niebel seine Partei auf, die große Koalition weiter vor sich herzutreiben. Die geplanten Steuererhöhungen werde die FDP im Bundesrat nicht mittragen, machte Niebel gegenüber unserer Zeitung deutlich.

Herr Niebel, das Dreikönigstreffen Ihrer Partei steht unter einem besonderen Stern - erstmals sind die Liberalen stärkste Oppositionsfraktion im Bundestag. Was hat die FDP bislang daraus gemacht?Niebel: Dadurch, dass wir an fünf Landesregierungen beteiligt sind, haben wir die Koalitionsvereinbarung von Union und SPD ja schon vorab mit beeinflusst. Beispiel Föderalismusreform: Schwarz-Rot wollte irgendwann wachsweich über die Finanzverfassung diskutieren. Wir haben dafür gesorgt, dass das Thema in diesem Jahr konkret angegangen wird. Ansonsten hätten wir eine Reform im Bundesrat nicht mitgetragen. Im Bundestag haben wir angesichts der großen Probleme des Landes mit zahlreichen Initiativen aufs Tempo gedrückt. Eine große Koalition hat immer enorme Abstimmungsprobleme. Auch die jetzige ist ja sehr lahm. Wo haben Sie denn versucht, der Koalition Beine zu machen?Niebel: Bei der Umsetzung von Ankündigungen sind die Koalitionäre äußerst schlapp. Seit der langwierigen Koalitionsfindung und der anschließenden Regierungsbildung ist zwar viel debattiert, aber in Wahrheit doch noch nichts vorangebracht worden. Konkret - wo erwarten Sie mehr Tempo?Niebel: Vor allem bei der Entbürokratisierung. Die Koalition hat ja extra eine eigene Stabsstelle eingerichtet. Aber es liegen noch keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch. Der Schritt vom Genehmigungs- zum schlichten Anmeldeverfahren ist aber dringend notwendig. In der Steuer- und Finanzpolitik sind überdies die Weichen gänzlich falsch gestellt worden. Mit der Mehrwertsteuererhöhung und dem Verzicht auf eine durchgreifende Steuerreform verspielt die Koalition Wachstumsimpulse und die große Chance, die Arbeitslosigkeit deutlich abzubauen. Im Bundesrat können Sie da Einfluss nehmen. Wie wird sich die FDP in der Länderkammer verhalten?Niebel: Wir werden mit keiner Landesregierung die Hand dafür heben, dass die Mehrwertsteuer erhöht wird. Alle Länder, in denen wir mitregieren, werden sich enthalten. Nun lässt eine große Koalition kaum Platz zur Profilierung für kleinere Parteien. Wo muss die FDP besser werden?Niebel: Als Programmpartei haben uns die Menschen gewählt. Wir haben daher die Aufgabe, unser Kontrastangebot zu den Regierenden stetig weiter zu entwickeln. Ihr Fraktionschef Wolfgang Gerhardt wird da etwas deutlicher und mahnt Teamarbeit in der Parteiführung an. Gibt es die nicht in der FDP?Niebel: Die gibt es, aber das Bessere ist wie immer der Feind des Guten. Wir haben schon im Bundestags-Wahlkampf ein starkes Teamspiel bewiesen. So hat es keine internen Streitereien gegeben, und wir haben die politischen Themen im Team aufgeteilt. Das wollen wir weiter ausbauen. Insbesondere in der größer gewordenen Fraktion. Die Fragen stellte unser Korrespondent Hagen Strauß.

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