Die K-Frage und die F-Diskussion

Nach stundenlanger Debatte verabschiedeten die rheinland-pfälzischen Linken am Samstagabend bei ihrem Parteitag in Trier ihr Wahlprogramm für die Landtagswahl. Im Mittelpunkt steht kostenlose Bildung für alle und ein 20-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm.

 Linken-Fraktionschef Gregor Gysi (rechts) im Gespräch mit der Trierer Bundestagsabgeordneten Katrin Werner und dem Landesvorsitzenden Wolfgang Ferner. TV-Foto: Friedemann Vetter

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi (rechts) im Gespräch mit der Trierer Bundestagsabgeordneten Katrin Werner und dem Landesvorsitzenden Wolfgang Ferner. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Die K-Frage beherrscht den Parteitag. Die Frage, ob die Linken eine kommunistische Partei sind, losgetreten von Parteichefin Gesine Lötzsch. Vize-Parteichef Heinz Bierbaum tut die Debatte als "Kampagne des politischen Gegners" ab. Für Linken-Landeschef Wolfgang Ferner aus Rommersheim (Eifelkreis Bitburg-Prüm) steht die Frage gar nicht auf der Tagesordnung. Die Linke, so ist immer wieder zu hören, sei eine Partei des demokratischen Sozialismus. Doch die Thesen von Lötzsch scheinen tiefe Narben hinterlassen zu haben. Es sei eine Diskussion, "die wir jetzt nicht gebraucht haben", sagt der eigens zum Parteitag angereiste Linken-Star und Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Gregor Gysi: "Wenn die Leute Kommunismus hören, denken sie an Stalin, nicht an Karl Marx", tadelt er seine Parteichefin vor den 155 Delegierten.

Neben der K-Frage wird auch immer wieder die F-Frage angesprochen, die Frage, ob mit dem im November in Saarburg gewählten neuen Führungsduo Ferner und Elke Theisinger-Hinkel nach den monatelangen Personalquerelen die Partei vor einem Neuanfang stehe. Von Aufbruchsstimmung sei nichts spüren, sagt ein Delegierter und nennt als Beispiel den Zwist innerhalb der Linken in Trier. Der Partei fehle einfach der Schwung, für den angepeilten Einzug in den Landtag fehle die Begeisterung, heißt es bei einigen frustrierten Parteimitgliedern. So werde es schwierig, die Fünf-Prozent-Marke am 27. März zu überspringen, meint eine Delegierte.

In der Tat ist zunächst wenig von Aufbruch zu spüren. Ein Ruck geht jedenfalls nicht von der halbstündigen Rede des 58-jährigen Rechtsanwalts Ferner aus der Eifel aus. Er ruft die Partei zu Geschlossenheit auf, persönliche Befindlichkeiten müssten endlich in den Hintergrund treten, was zähle, sei der Wahlsieg: "Wir wollen in den Landtag, und wir werden mit Fraktionsstärke einziehen." Die Frage einer Regierungsbeteiligung stellt sich für ihn nicht. Die SPD sei für die Linken nicht koalitionsfähig, solange sie an Hartz IV und dem Afghanistan-Einsatz festhalte. Gysi relativiert das später. Man werde sich sicherlich Gesprächen mit den Sozialdemokraten nicht verweigern.

Erst nach Gysis einstündiger Rede ist kurzzeitig so etwas wie Begeisterung unter den Delegierten zu spüren. Zuvor zeigen sie, dass sie noch immer eine diskussionsfreudige Partei sind. Da wird in 290 (!) Änderungsanträgen zu dem 42-seitigen Landtagswahlprogramm über einzelne Formulierungen gestritten. Nach fünfstündiger, zäher Debatte wird dann am Abend das Parteiprogramm erstaunlicherweise einstimmig verabschiedet. Darin fordern die Linken die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und die Einführung einer Gemeinschaftsschule: "Von der Wiege bis zur Hochschule kostenlose Bildung für alle", propagiert die Trierer Linken-Chefin und Bundestagsabgeordnete Katrin Werner.

Außerdem wollen die Linken alle US-Standorte in Spangdahlem und Ramstein schließen und die US-Atombomben vom Bundeswehrstandort in Büchel entfernen. Es dürfe keine Arbeitsplätze geben, die durch Krieg finanziert würden, sagt die Direktkandidatin Tanja Krauth aus Birkenfeld. Statt der Ein-Euro-Jobs soll es 10 000 zusätzliche Stellen im öffentlichen Dienst für Arbeitslose, die keinen Job finden, geben. Finanziert werden sollen die Ausgaben durch ein Zukunftsinvestitionsprogramm von 20 Milliarden Euro. Das Geld soll unter anderem über eine Millionärssteuer finanziert werden.

Bei der Debatte um den Flughafen Hahn setzen sich die Gegner durch. Mehrheitlich beschließt der Parteitag, dass das Land aus dem Hahn aussteigen soll, weil der Flughafen nicht wirtschaftlich sei und nur Steuergelder verschlinge. Ansonsten ist die Kritik an "König Kurt" (Bundesgeschäftsführerin Caren Lay über Ministerpräsident Beck) sehr verhalten. Vielleicht will man sich doch noch die Tür für eine Koalition mit den Sozialdemokraten offen halten. stimmen Katrin Werner, Bundestagsabgeordnete: Hier ist deutlich die Aufbruchsstimmung zu merken. Wir kommen in den Landtag. Alexander Ulrich, Ex-Landeschef: Dem neuen Vorstand ist es gelungen, die Partei wieder zu einen. Tanja Krauth, Direktkandidatin, Birkenfeld: Die Chancen für den Einzug in den Landtag stehen gut. Der Streit ist vorbei. Er gehört zu einer pluralistischen, jungen Partei, wie wir es sind, dazu. Karl-Georg Schroll, Delegierter aus Trier: Die Stimmung ist gut. Die Zwistigkeiten werden endlich hintenangestellt, alle arbeiten an dem großen Ziel, in den Landtag einzuziehen.

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