Die Kirche bleibt im Dorf

Heulen und Zähneklappern ­ man kennt das aus der Bibel ­ wird es sicher spätestens in eine paar Monaten vielerorts im Bistum geben. Dann nämlich, wenn der eine oder andere Pfarrer seiner Gemeinde vorschlägt, doch vielleicht über eine Annäherung an die Nachbarn nachzudenken.

Die meisten Pfarreien gerade in der katholisch geprägten Region Trier können auf eine Jahrhunderte alte Tradition zurückblicken. Entsprechend groß wird der Aufschrei sein, wenn es darum geht, ein Stückchen Selbstständigkeit herzugeben, oder die Pfarrei gar ganz aufzulösen, um zu fusionieren. In diese Protest-Rufe werden dann sogar wieder viele Katholiken einstimmen, die Kirchen sonst nur bei Hochzeiten, Beerdigungen und der Christmette von innen sehen. Genau an diesen "Bei-Bedarf-Christen" orientiert sich die Bistums-Reform aber nicht. Sie ist vielmehr zugeschnitten auf diejenigen, für die Glaube mehr ist als ein bisschen Besinnlichkeit an Weihnachten. Die werden halt immer weniger und sollen deshalb enger zusammen geschweißt werden. Das ist sinnvoll, zweifellos. Und der Wunsch des Bistums an die Pfarreien, enger zu kooperieren, lässt sich auch auf vielerlei andere Art und Weise umsetzen, als durch Auflösung von Gemeinden. Verwaltungsräte können enger kooperieren, Pfarrgemeinderäte gemeinsame Ausschüsse bilden, Pfarrer Seelsorgeteams bilden ­ es gibt eine ganze Reihe von verschiedenen Modellen. Die Reform fürchten muss also niemand ­ auch wenn einigen engagierten Laien das Vorgehen des Bistums schon wieder Kummer bereitet. Und tatsächlich ist es nicht gerade die feine Art, dass der Katholikenrat als Basis-Vertretung an den schon laufenden Diskussionen erst ganz zum Schluss "beteiligt" wird. Wirklich motivationsfördernd ist das nicht und gerade in diesem Fall auch ein wenig verwunderlich: Denn insgesamt scheint die Strukturreform des Bistums in selten gekannter Offenheit abzulaufen. Was früher einige hohe Herren im stillen Dom-Kämmerlein ausgeheckt und befohlen hätten, wird heute mit den betroffenen Kirchen-Mitarbeitern diskutiert und auch öffentlich gemacht. Ob die vorgetragene Kritik sich freilich im späteren Konzept wiederfindet, bleibt abzuwarten. Einen Vorwurf kann man der Kirche diesmal jedenfalls nicht machen: dass sie die Zeichen der Zeit nicht erkennt. Denn mit der Reform reagiert sie nicht nur auf schon laufende Entwicklungen wie den Mangel an Priestern und Gläubigen. Sie richtet den Blick mit neuen Strukturen auch in die Zukunft: Denn die Entwicklung der Bevölkerung ­ Überalterung und weitere Landflucht ­ wird die vorhandenen Probleme eher noch verschärfen. Wenn sich die Kirche also nun aufs Kerngeschäft konzentriert, hat sie gegenüber Städten, Gemeinden, Verbandsgemeinden und Kreisen sogar einen Vorsprung. Fazit also: Bischof Marx macht mobil, und das zur richtigen Zeit. Und die Kirche bleibt trotzdem im Dorf. m.schmitz@volksfreund.de

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