Die Polizei patrouilliert nun mit Kameramann - Feldversuch startet

Mainz · Feldversuch bei der rheinland-pfälzischen Polizei: Einsatzkräfte können heikle Situationen mit Körperkameras aufnehmen. Damit soll die Hemmschwelle für Gewalttäter erhöht werden.

Der größte Feind des Streifenpolizisten ist die Unberechenbarkeit. Eine einfache Ausweiskontrolle kann bereits zu einer Schlägerei ausarten. Etwa in dieser Szene: Vier Einsatzkräfte wollen den Personalausweis eines Beteiligten nach einer Rauferei sehen. "Muss das sein?", pöbelt der Mann aggressiv. "Was soll das? Kümmert euch mal um die richtigen Verbrecher." Schon geht er auf eine Polizistin los. Der Hinweis, dass sein Verhalten gerade von einer Körperkamera aufgezeichnet wird, bremst den Unruhestifter sichtlich. Schließlich lässt er die Kontrolle zu.

Die beschriebene Szene war nur ein Rollenspiel im Innenhof des Mainzer Innenministeriums. Mit ernstem Hintergrund: Um die Polizisten vor zunehmend aggressiveren Tätern zu schützen, kommen in Rheinland-Pfalz nun testweise Bodycams, Körperkameras, zum Einsatz. Sie werden je nach Typ auf der Schulter oder im Brustbereich befestigt. Und sie "sollen eine abschreckende Wirkung entfalten", wie der zuständige Innenminister Roger Lewentz (SPD) es ausdrückt.

In Hessen funktioniert das offenbar, wie von den Polizeipraktikern zu erfahren ist. Dort kommen die Kameras inzwischen breit zum Einsatz. Rheinland-Pfalz zieht nun als zweites Bundesland nach - mit einem Pilotversuch. Dazu wurden 15 Kameras für insgesamt rund 18 000 Euro angeschafft. Ab 1. Juli sollen sie in den Polizeipräsidien in Mainz und Koblenz zum Einsatz kommen. Etwa 50 Beamte wurden für den speziellen Einsatz geschult. Wissenschaftler der Universität Trier begleiten das Projekt, bei dem auch die Datenschützer konsultiert wurden.Viele Attacken gegen Polizisten

Nach Überzeugung des Innenministers muss dringend verhindert werden, dass die Gewalt gegen Polizisten weiter zunimmt. 2013 wurden 1339 Attacken registriert - ein Anstieg um 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Werden die aufgezeichneten Daten nicht zur Aufklärung einer Straftat, als Beweismittel, zur künftigen Gefahrenabwehr oder zu Schulungszwecken gebraucht, löscht die Polizei sie nach einem Einsatz wieder. Auf den Westen der Kameramänner unter den Polizisten prangt in Großbuchstaben "Video". Reißt ein Randalierer eine Kamera ab und verschwindet damit, kann er nichts herunterladen. "Zudem sind die Systeme vor Hackerangriffen geschützt", erläutert Heiko Arnd, der die "AG Bodycam" leitet.

CDU-Polizeiexperte Matthias Lammert kritisiert: "Die Landesregierung kleckert wieder einmal hinterher." Und Ernst Scharbach, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), meint: "Die meisten schwierigen Einsätze gibt es bei Familienstreitigkeiten. Und da darf die Bodycam nicht eingesetzt werden." Derzeit verbieten die rheinland-pfälzischen Gesetze Aufnahmen in Privaträumen. Scharbach fordert ein Umdenken: "Diese Reglung ist Unsinn."Extra

In Rheinland-Pfalz kommen derzeit zwei Typen von Bodycams zum Einsatz. Modell eins: die mobile Videokamera Zepcam Z1. Sie wird fest auf der Schulter des Polizisten montiert. Der Beamte muss allerdings eine besondere Weste tragen. Preiswerter ist die zweite Lösung: das Modell der Marke Re-veal. Diese Kamera wird in Brusthöhe befestigt und beinhaltet bereits das komplette Technikpaket. Theoretisch könnte man sie auch an anderen Stellen der Uniform installieren. DB

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