"Die Sparkassen schwimmen im Geld"

Trier · 126 Millionen Euro Steuern haben die rheinland-pfälzischen Sparkassen im vergangenen Jahr bezahlt, ein Großteil ging an die Kommunen. Mit Stiftungen unterstützen sie regionale Projekte. Doch an ihren Gewinnen lassen nur wenige Sparkassen ihre Träger teilhaben.

Trier. Er gilt als Sparkassenschreck. Dabei hat er, wenn man mit Rainer Gottwald redet, gar nichts Erschreckendes an sich. Auch klingt er nicht wie ein nervender Querulant. Der rüstige Rentner aus dem bayerischen Landsberg am Lech hat sich selbst eine Mission gegeben. Und zwar, darüber aufzuklären, wie die Sparkassen Millionen horten und nichts davon an die Kommunen abgeben, denen die Geldinstitute gehören.
Verwaltungsrat entscheidet



"Die Sparkassen schwimmen im Geld. Und trotzdem schütten die ihre Gewinne nicht an die Kommunen aus", ärgert sich der streitbare 70-Jährige. Vor vier Jahren hat alles angefangen, seitdem ist der Betriebswirt und ehemalige Landratsbeamte hinter den Sparkassen in Bayern her. Fast von allen hat er die Bilanzen unter die Lupe genommen. Sein Ergebnis: Viele Sparkassen verzichten darauf, ihren Kommunen Gewinne zu überweisen. Obwohl sie es müssten, so die Meinung Gottwalds.
Bundesweit ist er mittlerweile als Experte für die Sparkassenbilanzen gefragt. Trotzdem wundert er sich, als ihn der Anruf aus dem fernen Trier erreicht. Hingegen überrascht es ihn nicht, dass sich nach TV-Recherchen die Praxis der Sparkassen in Trier und in Bitburg kaum von der anderer, von ihm unter die Lupe genommener Sparkassen unterscheidet. "Die Kommunen haben ein Recht auf die Gewinnausschüttung der Sparkassen", sagt Gottwald.
Bei den Sparkassen sieht man das aber anders. "Eine mögliche Ausschüttung an den Träger stellt eine freiwillige Leistung der Sparkasse dar und darf von diesem nur für gemeinnützige Zwecke verwendet werden", sagt Irene Mees von der Kreissparkasse Bitburg-Prüm. Die Entscheidung über die Verwendung des erwirtschafteten Gewinns liege beim Verwaltungsrat der Sparkasse, "der nach Paragraf 20 Sparkassengesetz der Bildung eines angemessenen Eigenkapitals den Vorrang vor einer anderweitigen Verwendung des Jahresüberschusses einräumt".
In den Verwaltungsräten der Sparkassen sitzen die Spitzen der Kommunen. In der rheinland-pfälzischen Sparkassenordnung heißt es zur Verwendung der Gewinne, dass der Verwaltungsrat beschließen könne, dass ein Zehntel, ein Viertel oder die Hälfte des "verbleibenden Jahresüberschusses an die Träger … für gemeinnützige Zwecke abgeführt oder einer anderen Rücklage zugeführt wird".
Verweis auf Stiftungen


Bei der Sparkasse Trier verweist man auf die "Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung" durch die Förderung etwa des Sports oder der Kultur. Allein das Kapital der drei Sparkassen-Stiftungen betrage 17,3 Millionen Euro, sagt Sprecherin Helga Etienne. Mit den Stiftungen unterstützt sie Schulen in Trier und Trier-Saarburg, daneben gibt es noch eine Jugend- und Sportstiftung und eine Kulturstiftung. Auch die anderen Sparkassen in der Region unterstützen durch eigene Stiftungen Projekte wie etwa Naturschutz. 7,7 Millionen Euro beträgt das Stiftungskapital der drei Stiftungen der Kreissparkasse Bitburg-Prüm.
Die Sparkasse sei "verlässlicher Förderer im kommunalen Umfeld", heißt es bei der Sparkasse Mittelmosel - Eifel Mosel Hunsrück. "Die Bandbreite reicht von der Finanzierung der Schuldnerberatung über die Förderung von Kunst und Kultur, die Unterstützung von örtlichen Sportvereinen bis hin zur Flüchtlingshilfe", sagt Sprecherin Bettina Pellio.
Es sei aber nicht Aufgabe der Sparkassen, mit ihrem Geld kommunale Projekte zu finanzieren, sagt hingegen Rainer Gottwald. Vielmehr stünden den Trägern die Gewinne als Einnahmen für ihren Haushalt zur Verfügung.
In einigen Kommunen - vor allem in Nordrhein-Westfalen - sieht man das mittlerweile auch so.
In Essen zum Beispiel hat der Stadtrat beschlossen, dass die Sparkasse der Stadt 3,5 Millionen Euro Gewinn überweisen müsse.
In Düsseldorf fordert der Oberbürgermeister 26 Millionen Euro von "seinem" Geldinstitut.
13 Kassen schütten Gewinne aus


13 der 23 rheinland-pfälzischen Sparkassen hätten 2014 Gewinne an ihre Träger ausgeschüttet, teilt der Sparkassenverband mit.
Auch ohne diese Ausschüttungen leisteten die Sparkassen einen Beitrag zur Finanzierung der Kommunen, sagt Verbandssprecherin Christiane Becker. Denn zumeist seien sie der größte gewerbliche Steuerzahler vor Ort.
Becker: "Allein 2015 führten die rheinland-pfälzischen Sparkassen Steuern in Höhe von 126 Millionen Euro ab, von denen ein großer Teil an die Kommunen floss."Extra

23 Sparkassen gibt es in Rheinland-Pfalz. Sie sind in Trägerschaft von Kreisen und Städten. Sie beschäftigen laut rheinland-pfälzischem Sparkassenverband rund 13 000 Mitarbeiter. Die Bilanzsumme aller Sparkassen im Land habe im vergangenen Jahr 59,7 Milliarden Euro betragen, sagt Verbandssprecherin Christiane Becker. Alle Sparkassen führten 1,9 Millionen Girokonten, verfügten über 45,2 Milliarden Euro an Kundeneinlagen und hätten Kredite in Höhe von 41,3 Milliarden Euro an Kunden vergeben. Sie unterstützen im vergangenen Jahr gemeinnützige Zwecke mit 26 Millionen Euro. Insgesamt flossen von den 23 Sparkassen 126 Millionen Euro Steuern. wie

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