Die SPD macht Basisbeteiligung zum System

Berlin · Nach dem Basisentscheid im Dezember über die große Koalition macht die SPD die direkte Beteiligung der Mitglieder immer mehr zum System. Der nächste Kanzlerkandidat soll per Urwahl bestimmt werden, hat Parteichef Sigmar Gabriel angekündigt. Und bei seiner Frühjahrsklausur in Potsdam beschließt der Vorstand eine Mitspracheoffensive im Internet.

Berlin. Die regierenden Sozialdemokraten sollen sich nicht mehr so stark wie früher von den Mitgliedern und Wählern entfernen. Das ist die Zielsetzung der Frühjahrsklausur der Parteispitze in Potsdam. Das Ziel soll zum einen durch regelmäßige öffentliche Bilanz-Konferenzen dokumentiert werden. Das ist bei dem Vorstandstreffen beschlossen worden.
Im April geht es los


Schon am 6. April sollen sich alle im Bund und in 13 Ländern mitregierenden Sozialdemokraten treffen, um ihre Politik zu koordinieren. Und ab August sind 16 Regionalkonferenzen geplant, wo dann auch die Basis den Oberen auf den Zahn fühlen darf.
Vor allem wolle man eine "digitale Strategie" für die eigene Parteiarbeit erstellen, die auf dem Bundesparteitag 2015 beschlossen werden soll, kündigte die neue Generalsekretärin Yasmin Fahimi nach dem zweitägigen Treffen an. Kampagnen sollen auf Internetplattformen organisiert und koordiniert werden, dazu kommt die Möglichkeit elektronischer Mitgliederentscheide. So soll die SPD auch wieder jünger und attraktiver werden.
Die Teilnehmer der Klausur erfuhren durch Vorträge von Wahlforschern der Bertelsmann-Stiftung, wie groß das Mobilisierungsproblem der SPD bei der eigenen Anhängerschaft ist. Auch die im Wahlkampf erfundenen Nachbarschaftsgespräche sollen laut Fahimi "als Strategie der mittelfristigen Bindung unserer Wähler" zur Dauereinrichtung werden.
Die SPD gibt sich als loyaler Koalitionspartner mit der Union - und bereitet gleichzeitig den Konkurrenzkampf mit ihr vor. Das betrifft zum einen die Europawahl im Mai, wo Martin Schulz als Spitzenkandidat gegen den Konservativen Jean-Claude Juncker antreten soll. Das werde "ein spannendes Duell", sagte Gabriel.
Das betrifft aber auch die Innenpolitik. Man wolle "jenseits der Sachzwänge der Regierungsarbeit" eigene Zielgruppen ansprechen, sagte Fahimi. In sogenannten "Themenlaboren" soll darüber diskutiert werden.
Die Partei des BAföG


Wie zum Beweis seiner Unabhängigkeit von der Union beschloss der Vorstand, dass man eine "substanzielle BAföG-Reform" fordere, und zwar so, dass die Länderhaushalte nicht zusätzlich belastet würden. Also vom Bund. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich die Sozialdemokraten damit nicht durchsetzen können.
Fahimi: "Die SPD ist die Partei des BAföG." Die Sozialdemokraten, so die Botschaft von Potsdam, wollen sich nicht komplett von der Koalitionsdisziplin fesseln lassen.
Das gilt erst recht für die Frage, mit wem man überhaupt koaliert. Ein Papier der Parteilinken, dass man bereits jetzt Gespräche mit der Linkspartei aufnehmen müsse, um ein rot-rot-grünes Bündnis für die Zeit nach 2017 auszuloten, wurde in Potsdam zwar nicht besprochen. Aber auch nicht kritisiert, obwohl es von Parteivize Ralf Stegner kurz vorher öffentlich gemacht worden war. Es meldete sich lediglich der Wirtschaftspolitiker Hubertus Heil zu Wort und monierte, dass der Zeitpunkt, im beginnenden Europawahlkampf nicht günstig sei. Die SPD-Linken wollen nun, so war aus ihrem Kreis zu vernehmen, ihn und andere Vertreter des konservativen Parteiflügels an ihren Gesprächen mit der Linkspartei beteiligen, um auch die letzten Kritiker des Öffnungskurses einzufangen.

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